TV-Dreikampf der Opposition: "Kein Dampfer nach Jamaika"

Lebhafter, aber nicht überraschender: Westerwelle, Trittin und Lafontaine diskutieren im "TV-Dreikampf" über die Ablösung der großen Koalition. Nur wie? Dreierkoalitionen finden sich nicht.

Lebhafter als das Duell: TV-Dreikampf mit Westerwelle, Trittin und Lafontaine. Bild: dpa

Das Leben in der Opposition hat auch seine schönen Seiten. Inhaltliche Differenzen lassen sich nach Herzenslust zu ideologischen Gräben erweitern. Versöhnlich wirken lässt sich mitunter schon, indem man dem Kontrahenten attestiert, man halte ihn nicht für den Teufel. 75 Minuten lang unterhielten die Chefs der drei Oppositionsfraktionen im Bundestag so am Montagabend das ARD-Publikum.

Doch neben sarkastischen Sprüchen und bekannten Inhalten präsentierten Westerwelle, Lafontaine und Trittin vor allem eines: ihre Ratlosigkeit angesichts einer möglichen Fortführung von Schwarz-Rot.

Die Rollen der drei aufgereihten Fraktionsvorsitzenden waren klar verteilt: Guido Westerwelle spielte für die FDP den reifer gewordenen Vertreter "glasklarer" politischer Ziele. Jürgen Trittin gab den zu Westerwelle passenden Konterpart: als dauerhaft maliziös lächelnder grüner Ironiker, der dem FDP-Chef seine Rollenwandlung nicht abkauft. Beiden wird eine leidenschaftliche gegenseitige Abneigung nachgesagt. Und neben ihnen stand der Linke Oskar Lafontaine, der sich halb widerwillig, halb lustvoll eingerichtet hat in seiner "Die Welt will mich nicht mehr verstehen"-Haltung.

Die inhaltlichen Positionen der drei wurden routiniert runtergerattert: Die Rente mit 67 wollen alle Oppositionsfraktionen kippen. Westerwelle und Lafontaine warben für ein flexibles Renteneintrittsalter. Trittin erneuerte den Grünen-Vorschlag einer Garantierente für alle, die 30 Jahre dem Arbeitsmarkt zur Verfügung gestanden haben. Alle drei Kandidaten plädierten für ein höheres Schonvermögen von Arbeitslosen.

Einen höheren Spitzensteuersatz verlangten Lafontaine und Trittin, und routiniert empörte sich Westerwelle über die übermäßige Steuerbelastung von "Leistungsträgern". Eine Steuerreform ermögliche drastische Steuersenkungen noch in der nächsten Legislaturperiode. Lafontaine konterte: "Ich glaube, dass wir uns Steuersenkungen nicht mehr leisten können." Trittin forderte 500.000 zusätzliche Studienplätze, um die im internationalen Vergleich niedrige Studierendenquote anzuheben. Finanzieren lasse sich das, so Trittin, durch eine Umwidmung des Solidarzuschlags. Der werde nicht mehr für Investitionen in Ostdeutschland gebraucht, und die Hälfte des frei werdenden Geldes lasse sich für Bildungsinvestitionen nutzen.

Das war die Pflicht für die drei Spitzenkandidaten. Ihre Kür war die Reaktion auf Fragen nach möglichen Koalitionen. Trittin hatte sich für die unausweichliche Frage nach einem Bündnis der Grünen mit Union und FDP den Satz zurechtgelegt: "Der Dampfer nach Jamaika wird nicht ablegen." Zu einem schwarz-grünen Bündnis sagte er jedoch nicht Nein. Sein einziges Gegenargument: Dieses Zweierbündnis werde wohl keine absolute Mehrheit erreichen.

Auf die Bemerkung eines der beiden Moderatoren, man könnte denken, Trittin halte seinen Nachbarn für den Teufel selbst, entgegnete der Grünen-Fraktionschef mit gespielter Aufrichtigkeit: "Ich glaube nicht, dass Herr Westerwelle der Teufel ist." Die Grünen würden ja auch in einer Ampelkoalition mit den Blau-Gelben kooperieren.

Der FDP-Chef zwang sich zu einem dünnen Lächeln. Später bestritt Westerwelle, er halte sich ein Hintertürchen für eine Ampelkoalition offen: "Wir wollen die große Koalition beenden und verhindern, dass es eine Linksregierung gibt." Das sollte heißen: Wer Schwarz-Gelb will, muss FDP wählen.

Nach einer Regierungsbeteiligung der Linken befragt, entgegnete Lafontaine, solche Erkundigungen hätten ja schon "eine gewisse Ironie". Schließlich wollten die anderen Parteien nicht mit seiner Partei koalieren.

Und so blieb die muntere Dreierrunde ihren 4,2 Millionen Zuschauern am Ende eine wichtige Antwort schuldig: Wie wollen sie verhindern, dass Schwarz-Rot nach der Bundestagswahl weiterregiert, wenn sie sich möglichen Dreierbündnissen widersetzen?

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.