Schwarz-Rot in Thüringen: SPD quält sich an die Macht

Unter Seufzen billigt die SPD den Koalitionsvertrag. Landeschef Matschie feixt und behauptet, Grüne und Linke seien Schuld, dass Rot-Rot-Grün nicht klappte.

Am Ende wird alles gut: Den Matschie freuts und die Gegner lassen es auf eine linke Machtprobe in fünf Jahren ankommen. Bild: dpa

ERFURT taz | Die Thüringer Sozialdemokraten feierten auf ihrem Erfurter Parteitag am Sonntag nicht gerade eine Große-Koalition-Party. Ihr Landesvorsitzender Christoph Matschie, schräg auf seinem Stuhl lümmelnd, konnte dennoch schon nach den ersten Diskussionsbeiträgen in ein triumphierendes Dauergrinsen verfallen.

Knapp drei Viertel der bis zur Abstimmung ausharrenden 199 Delegierten stimmten dem Koalitionsvertrag mit der CDU schließlich zu. Vierundzwanzig von ihnen hatte es offensichtlich im Verlauf der vierstündigen Debatte bereits vertrieben. Doch viele votierten so wie der Juso-Landesvorsitzende Peter Metz: "Ich werde aus Pragmatismus zustimmen, nicht mit dem Herzen!"

Zwei Monate nach der Landtagswahl, vier Wochen nach dem Abbruch der Sondierungsgespräche mit Linken und Grünen und zwei Wochen nach der spontanen Basiskonferenz der Parteilinken ist damit die schwarz-rote Koalition in Thüringen besiegelt. Die CDU segnete zeitgleich ebenfalls in Erfurt den Vertrag sogar einstimmig ab.

Auf vier Basiskonferenzen hatte das Matschie-Team in den Tagen zuvor für die Koalition mit dem einstigen Wahlkampfhauptgegner geworben. Auf dem Parteitag wies Matschie alle Schuld am Scheitern eines rot-rot-grünen Bündnisses erneut den angeblich unzuverlässigen Grünen und einer angeblich taktierenden Linken zu.

Eine Stunde lang pries er das Koalitionspapier als "Grundlage für einen neuen Aufbruch". Ein solches Entgegenkommen der CDU habe er selbst nicht für möglich gehalten. Gegenüber den Befürwortern von Rot-Rot-Grün gestand er immerhin ein, die Entscheidung für den konservativen Partner nicht genügend kommuniziert zu haben.

Empfangen worden war Matschie vor dem Tagungsgebäude bereits mit Pfiffen und mit "Wahlbetrüger"-Plakaten. "Da drinnen sitzen alles Umfaller und Ja-Sager!", erklärte ein Vater seinen Kindern. Rund ein Viertel der 4.000 Thüringer SPD-Mitglieder unterschrieb binnen zwei Wochen den Antrag auf eine Mitgliederbefragung, um Schwarz-Rot noch zu verhindern. Zahlreiche Appelle an die Geschlossenheit der Partei, von Gegnern wie Befürwortern dieser Koalition vorgetragen, ließen im Saal die Zerreißprobe der Partei spüren.

Erfurts Oberbürgermeister Andreas Bausewein, der sogar als Ministerpräsident eines Linksbündnisses im Gespräch war, hielt den Koalitionsvertrag für "inhaltlich weitgehend gelungen", stimmte dennoch dagegen. Mehrere Redner klammerten sich geradezu an die Buchstaben des Vertrages, der eine deutliche SPD-Handschrift trage.

Andererseits schienen sie mit Aufrufen wie "Die eigentliche Arbeit beginnt erst!" den Vertragsoptionen zu misstrauen. Matschie-Gegenspieler Richard Dewes nannte gegenüber der taz die Koalition angesichts des Linkstrends der Bundes-SPD einen Anachronismus. Thüringen falle damit auch als Landeskorrektiv gegenüber den zu erwartenden Härten der neuen Bundesregierung aus.

Den wichtigsten Satz sprach die Exbundestagsabgeordnete Petra Heß beiläufig aus: "Wir haben keine andere Wahl!" Denn Neuwahlen, mit denen CDU-Fraktionschef Mike Mohring bereits sanft gedroht hatte, kann sich die SPD gar nicht leisten. Die Unterlegenen trösteten sich mit einer linken Machtoption für 2014.

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