Innenminister präsentiert Kriminalstatistik: Immer weniger Straftaten

Brutale Angriffe in Bahnhöfen machen Schlagzeilen, sind aber selten. Laut Kriminalstatistik ist die Zahl der Straftaten auf dem niedrigsten Stand seit der Einheit.

Werden seltener gebraucht denn je. Bild: dpa

BERLIN taz | Die Bilder waren verstörend und sind vielen noch präsent: Ein 18-jähriger Schüler tritt an der Berliner U-Bahnstation Friedrichstraße seinem am Boden liegenden Opfer viermal auf den Kopf – und tanzt danach vor Freude. Wäre nicht ein Tourist dazwischengegangen, der Mann hätte sterben können.

Doch so schrecklich dieser Angriff vor wenigen Wochen war: Er scheint glücklicherweise eine Ausnahme zu sein - denn insgesamt ist Deutschland offenbar sicherer denn je.

Die Zahl aller Straftaten sei erneut zurückgegangen und im vergangenen Jahr auf den niedrigsten Stand seit der deutschen Einheit gesunken, sagte Innenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) bei der Vorstellung der aktuellen Kriminalstatistik am Freitag in Berlin. Die Gewaltkriminalität ging demnach 2010 um 3,5 Prozent im Vergleich zum Vorjahr zurück, Sachbeschädigungen um fast 10 Prozent, Diebstahl um fast 2 Prozent.

Und: Auch der Anteil der aufgeklärten Straftaten ist der höchste, seit es eine gesamtdeutsche Kriminalstatistik gibt. Eine "durchweg positive Entwicklung", findet Friedrich, auch wenn man die Zahlen mit Vorsicht genießen müsse – das Dunkelfeld nicht angezeigter Straftaten wird nicht erfasst.

Einige Punkte fand der Innenminister dann doch, die ihm Sorgen machen. Vor allem die Zunahme der Internetkriminalität um mehr als acht Prozent. Im vergangenen Jahr erfassten die Ermittler rund 223.600 Straftaten, die über das Netz begangen wurden. Deutlich zugenommen hat laut der Polizeizahlen das Ausspähen oder Abfangen von Daten. Friedrich forderte in diesem Zusammenhang erneut die Wiedereinführung der Vorratsdatenspeicherung. "Man kann bestimmte Taten im Internet nur verfolgen, wenn man die IP-Adresse speichert", sagte Friedrich. Mit der können Computer identifiziert werden.

Debatte um Vorratsdatenspeicherung

Aus Sicht der Grünen taugen die Zahlen jedoch nicht als Argument für die Vorratsdatenspeicherung. Das Verfassungsgericht habe ausdrücklich klargestellt, dass die Vorratsdatenspeicherung nur für schwere Straftaten angewandt werden könne, worunter viele Internetdelikte gar nicht fielen. Auch die FDP lehnt eine anlasslose Speicherung der Internet- und Telefonverbindungsdaten aller Bürger ab.

Zwiespältig sieht Innenminister Friedrich die Zahlen bei der Jugendkriminalität. So ist zwar die Zahl der Tatverdächtigen zwischen 14 und 18 Jahren erneut zurückgegangen – um knapp 7 Prozent insgesamt, bei Gewalttaten waren es fast 10 Prozent. Doch dabei dürfe man nicht vergessen, so Friedrich, dass die Jugendkriminalität zwischen 1993 und 2008 sprunghaft angestiegen sei. Vor allem in den Großstädten habe man "unverändert hohe Probleme" – und verwies auf den brutalen Angriff in dem Berliner U-Bahnhof im April.

Deshalb wolle die Regierung auch an ihren umstrittenen Plänen für den "Warnschussarrest" festhalten. Dieser könne ein Mittel sein, "dass uns bei der Bekämpfung der Jugendkriminalität weiterhilft", sagte Friedrich. Die Linkspartei findet hingegen, angesichts der neuen Zahlen brauche es keine schärferen Strafen für jugendliche Gewalttäter.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.