Rot-Grün in NRW verliert Nimbus der Unbesiegbarkeit

NRW-LANDTAG Das Parlament stimmt den rot-grünen Plänen, die WestLB zu einer Sparkasse zu schrumpfen, erst im zweiten Anlauf zu. Die Minderheitsregierung steckt damit die erste Niederlage ein. Von Neuwahlen will sie aber nichts wissen. Sie seien „Quatsch“

„Wir haben gewusst, dass wir um Mehrheiten ringen müssen“

REINER PRIGGEN, GRÜNE

KÖLN taz | Am Tag nach dem Knatsch um die WestLB im nordrhein-westfälischen Landtag sind Aufräumarbeiten angesagt. „Kein Drama“ sei die erste Abstimmungsniederlage der rot-grünen Minderheitsregierung, gibt sich der grüne Landtagsfraktionschef Reiner Priggen betont gelassen. „Irgendwann musste das ja passieren.“ Und außerdem sei letztlich alles gut gegangen.

Doch die rot-grüne Koalition hat ihren Nimbus der Unbesiegbarkeit verloren. Bei einer ersten Abstimmung am Mittag war die Landesregierung mit ihrer Radikalkur für die Düsseldorfer Landesbank noch gescheitert. Erst in einem zweiten Anlauf am Donnerstagabend bekam sie die notwendigen Stimmen von der CDU für den Umbauplan. Aus der WestLB mit heute noch 4.700 Beschäftigten wird eine deutlich kleinere, regionale Sparkassen-Zentralbank mit 400 Mitarbeitern. Der Landtag sehe in den „Eckpunkten zum Restrukturierungsplan der WestLB unter den gegebenen Umständen eine tragfähige Vereinbarung“, so der entscheidende Satz.

Turbulent war es zuvor im Landtagsplenum zugegangen. Denn die CDU hatte es auf eine Kraftprobe ankommen lassen. Da die FDP und die Linkspartei schon von vornherein ihre Ablehnung des WestLB-Rettungsplans erklärt hatten, ließ die Union ihre Muskeln spielen. Ihre Zustimmung machte sie von der Bedingung abhängig, dass sich SPD und Grüne gegen ihre eigene Haushaltspolitik für eine Schuldenbremse aussprechen. Das war für Rot-Grün unannehmbar. Der rot-grüne WestLB-Antrag fiel durch.

Es folgten Sitzungsunterbrechungen und Krisengespräche. Von Berlin aus appellierte Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU), der das WestLB-Rettungskonzept mit ausgearbeitet hatte, „das Notwendige dazu beizutragen, dass diese Entscheidung nicht mehr infrage gestellt wird“. Schließlich verständigten sich SPD, Grüne und CDU doch noch. Die Zeit war knapp: Bis Mitternacht musste die Bundesregierung den Plan nach Brüssel schicken, um eine Frist der EU-Kommission einzuhalten. Die WestLB hatte in der Finanzkrise Staatshilfe erhalten, So wurde sie zu einem Fall für die Wettbewerbshüter der EU.

Von einer Krise der rot-grünen Regierung will Reiner Priggen jedoch nichts wissen. Spekulationen über mögliche Neuwahlen wies er als „Quatsch“ zurück. „Wir haben immer gewusst, dass wir eine Minderheitsregierung sind, die um Mehrheiten ringen muss“, sagt er. „Uns fehlt eben eine Stimme.“ In der Frage des Umgangs mit der WestLB sei die CDU jedoch „in der Pflicht“ gewesen, mitzuziehen. Mit ihren „Zickereien“ habe sie nur von ihren internen Problemen ablenken wollen. Er sei fest davon ausgegangen, dass es noch zu einer Einigung kommen werde.

Von einem „parlamentarischen Zirkus“ und „parteitaktische Spielchen“ sprach der Fraktionschef der Linkspartei, Wolfgang Zimmermann. „Den Scherbenhaufen, vor dem WestLB-Angestellte und Steuerzahler heute stehen, haben sowohl CDU und FDP als auch SPD und Grüne zu verantworten, und das wissen sie auch“, kommentierte er die späte rot-grün-schwarze Einigung.

PASCAL BEUCKER

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