Der Datenschutz soll’s klären

DRESDEN Im Fall der Überwachung von Handys soll der sächsische Datenschutzbeauftragte ermitteln

DRESDEN taz | Aus der Perspektive des Sächsischen Landtages geht die Handydatenaffäre erst einmal in die Sommerpause. Mit einem Verfahrenstrick einigte sich der Verfassungs- und Rechtsausschuss während einer Sondersitzung am Freitag auf einen umfassenden Sonderbericht des Datenschutzbeauftragten. Damit hätte allerdings nicht der Ausschuss, sondern nur das Plenum den Datenschützer beauftragen dürfen. Um eine Einberufung des kompletten Landtags zu vermeiden, bot der Datenschutzbeauftragte Andreas Schurig an, von sich aus einen Bericht über die Überwachungsmaßnahmen des 19. Februar bis zum 10. September erstellen zu lassen. Hintergrund ist die umstrittene Erfassung von mehr als einer Million Handydaten bei Protesten gegen Neonazis am 13. und 19. Februar.

Mit dieser Delegation an den Datenschutzbeauftragten sind die lauten Kontroversen in Dresden zunächst verstummt. Zudem müssen die Behörden den Datenschutzbeauftragten künftig informieren, wenn viele unverdächtige Personen von einer Erfassung der Handydaten betroffen sein könnten, sagte Justizminister Jürgen Martens (FDP) am Freitag in Dresden.

Weiterhin steht auch eine zweite Frage im Raum, nämlich ob es im Juni dieses Jahres eine rechtswidrige Rasterfahndung wegen des Verdachts auf Bildung einer kriminellen Vereinigung gegeben hat. Hier waren nochmals 900.000 Mobilfunkdatensätze erfasst und möglicherweise mit denen von den Gegendemonstrationen am 19. Februar abgeglichen worden, wie der Grünen-Innenpolitiker Johannes Lichdi vermutet.

Für die Linke erwartet Rechtsexperte Klaus Bartl insbesondere Aufklärung über die Einbeziehung von Berufsgeheimnisträgern wie Abgeordneten, Rechtsanwälten oder Journalisten in die Datenerfassung. Er möchte wissen, ob auch der Landtag, Abgeordnete oder Redaktionen von der Funkzellenabfrage oder gar vom Einsatz eines IMSI-Catchers betroffen waren, der auch das Mithören von Gesprächsinhalten ermöglicht. Offen ist ferner die Frage, ob die Übergriffe auf Polizisten am 19. 2. die außergewöhnlichen Fahndungsmittel rechtfertigten. MICHAEL BARTSCH