Berlins Justiz ohne Senator: In Rekordzeit zum Rücktritt

Nach nur 11 Tagen tritt Berlins Justizsenator zurück. Der CDU-Mann stolpert über Immobiliengeschäfte und beschert Rot-Schwarz einen echten Fehlstart.

Den Blick nach unten: Ex-Senator Michael Braun. Bild: dpa

BERLIN taz | Vermurkster hätte der Start der rot-schwarzen Koalition in Berlin nicht werden können. Keine zwei Tage waren die Senatoren von SPD und CDU vereidigt, da stand Justiz- und Verbraucherschutzsenator Michael Braun (CDU) schon wegen dubioser Immobiliendeals unter Beschuss.

Am Montag wurde Braun nun zu Berlins dienstkürzestem Senator aller Zeiten: Nach nur 11 Tagen im Amt trat er zurück. Noch am Morgen hatte Braun versucht, sich mit einem Teilrückzug aus der Schusslinie zu ziehen. Er werde den Verbraucherschutz so lange ruhen lassen, bis alle Vorwürfe geklärt seien, teilte er mit. Zuvor hatten sich mehr als 20 Verbraucher gemeldet, die berichteten, wie sie von Immobilienfirmen zu überteuerten Wohnungskäufen gedrängt wurden - und am Ende in Brauns Büro saßen, der als Notar die Geschäfte beglaubigte.

Obwohl er spätestens seit 2008 von den krummen Geschäften gewusst habe, habe Braun weiter mit den Firmen zusammengearbeitet und als "Mitternachtsnotar" auch spät abends noch Verträge beglaubigt.

Innensenator bemüht sich um Ehrenrettung

Am Montag nach einer Krisensitzung des CDU-Präsidiums zog Landeschef und Innensenator Frank Henkel die Reißleine: "Angesichts der einseitigen und andauernden Presseberichterstattung" sei es Braun nicht möglich, sein Amt "weiter zum Wohle der Stadt zu führen". Braun werde noch den Regierenden Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) um seine Entlassung bitten, "um Schaden für Justiz, Verbraucherschutz und den Senat abzuwenden".

Eine letzte Ehrenrettung schickte Henkel hinterher: Es gebe keinen Zweifel, dass sich Braun stets korrekt verhalten habe. Braun hatte die Schuld auf die Firmen geschoben. Er habe von den Schrottimmobilien nichts gewusst und sei selbst missbraucht worden.

Das freilich wollte man selbst beim Koalitionspartner nicht mehr glauben. Intern wurde Braun bei der SPD bereits am Wochenende als Senator "moralisch und politisch" für erledigt erklärt. Wowereit versuchte die Affäre von der SPD fernzuhalten. Es sei Aufgabe der CDU, die offenen Fragen zu klären. Den Rücktritt kommentierte Wowereit als "richtige Entscheidung".

Opposition begrüßt die Entscheidung

Die Opposition begrüßte den Rücktritt als überfällig. Für Grüne, Linke und Piraten war es ein erstes, gemeinsames Kampfthema: Sie hatten Braun als Verbraucherschützer unisono für unglaubwürdig erklärt. Dem schlossen sich selbst konservative Hauptstadtmedien an. Die CDU zögerte dennoch lange. Zu gewichtig ist Braun im Landesverband: als Vizelandeschef und Vorsitzender des größten Stadtverbands.

Zudem fürchtete Braun, ein Rücktritt würde seinen Ruf als Notar schädigen. Dies aber war längst geschehen: durch die ständig wachsende Zahl an Betroffenen, die sich über Braun und die "Schrottimmobilien" beschwerten. Dessen Amtsgeschäfte wird vorerst Sozialsenator Mario Czaja (CDU) übernehmen. Der fiel vor Jahren selbst unangenehm auf: Er hatte sich 2006 mit einem falschen "Diplom-Ökonom"-Titel geschmückt. Den Abschluss holte er 2010 nach.

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