Der Thüringer Geheimdienst hat noch mehr verbockt

RECHTSEXTREME V-Mann des Verfassungsschutzes soll mit untergetauchtem Terroristen telefoniert haben

HAMBURG/BERLIN afp/taz | Ein früher als V-Mann für den Thüringer Verfassungsschutz tätiger Rechtsextremist soll 1999 persönlich mit einem Mitglied des untergetauchten Zwickauer Neonazi-Trios telefoniert haben. Der Rechtsterrorist Uwe Böhnhardt habe den V-Mann Tino Brandt alias „Otto“ am 8. März 1999 um Hilfe gebeten, berichtete der Spiegel unter Berufung auf ein geheimes Gesprächsprotokoll des V-Manns. Dieser habe dem Verfassungsschutz aber erst „mit zeitlicher Verzögerung“ von dem Gespräch mit dem damals schon gesuchten Böhnhardt berichtet. Das Telefon des V-Manns abzuhören, hatte der Geheimdienst offenbar nicht für nötig erachtet. 2001 wurde Brandt enttarnt.

Vor einigen Tagen war bereits bekannt geworden, dass der Thüringer Verfassungsschutz dem untergetauchten Trio 1998 oder 1999 über Kontakt- und Mittelsleute Geld für neue Pässe zukommen lassen wollte. Das Angebot sollte nach Angaben der Behörde ein Köder sein, um Hinweise auf Aufenthaltsort und Tarnnamen der gesuchten Verdächtigen zu erhalten. Der Plan sei aber gescheitert, weil ein Mittelsmann das Geld behalten habe – wiederum Tino Brandt.

Nach einem Bericht der Berliner Zeitung werden zudem die Ermittlungen gegen das Zwickauer Neonazi-Trio heute dadurch erschwert, dass Beweismittel aus dem 1998 gegen die drei eingeleiteten Ermittlungsverfahren vernichtet wurden, darunter die im Januar 1998 sichergestellten vier Rohrbomben sowie Abhörbänder von mutmaßlichen Unterstützern von Uwe Mundlos, Uwe Böhnhardt und Beate Zschäpe. Die Beweismittel seien nach der in dem Verfahren im Jahr 2003 eingetretenen Verjährung von den Thüringer Ermittlungsbehörden entsorgt worden. Deshalb kann man womöglich nicht mehr herausfinden, ob für den späteren Nagelbombenanschlag des Trios in Köln 2004 derselbe Sprengstoff verwendet wurde. Das könnte das Verfahren gegen die in U-Haft sitzende Beate Zschäpe erschweren, hieß es.

Das Neonazi-Trio wird für zehn Morde verantwortlich gemacht, es agierte im Untergrund und bezeichnete sich selbst als „Nationalsozialistischer Untergrund“ (NSU).