Zschäpe weiter tatverdächtig: "Ich bin die, die Sie suchen"

Die Bundesanwaltschaft lehnt ab, die mutmaßliche Terroristin freizulassen. Ihr Anwalt beklagt Haftbedingungen und die fehlende Akteneinsicht bei der Bundesanwaltschaft.

"Frau Zschäpe macht auf mich einen sympathischen, intelligenten und gebildeten Eindruck", sagt ihr Anwalt. Bild: archiv

Als sich Beate Zschäpe den Polizeibeamten im November stellte, sagte sie einen Satz: "Ich bin die, die Sie suchen."

Doch seitdem schweigt die einzige Überlebende des Neonazitrios. Ihre Anwälte Wolfgang Heer und Wolfgang Stahl bestärken sie darin. Und sie klagen über fehlende Akteneinsicht bei der Bundesanwaltschaft. "Ein faires und rechtsstaatliche Verfahren wird ihr weiterhin nicht zuteil", sagt Heer.

Deshalb legten ihre Anwälte Beschwerde wegen der Haftbedingungen ein und forderten die Freilassung Zschäpes aus der Untersuchungshaft. Seit dem 13. November sitzt Zschäpe in der Justizvollzugsanstalt Köln-Ossendorf. Nach dem Tod ihrer Kameraden Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt soll die 36-Jährige in Zwickau zuerst ihre gemeinsame Wohnung gesprengt haben und dann untergetaucht sein.

Am Dienstag kritisierte Anwalt Heer das Vorgehen der Staatsanwaltschaft und der Polizei scharf: Keine einzige Akte zu den Mordermittlungen hätten die Verteidiger einsehen können, beklagte er. Die Bundesanwaltschaft verweigere die Einsicht mit dem Verweis, dies würde Ermittlungen gefährden. Gleichzeitig warf er Bundesanwaltschaft und Bundeskriminalamt vor, dass sie die Öffentlichkeit mit Details informiere, die selbst ihren Anwälten neu seien.

Heer forderte die Freilassung seiner Mandantin aus der Untersuchungshaft. Aus den vorliegenden Akten sei für ihn erkennbar, dass "kein dringender Tatverdacht wegen Gründung beziehungsweise Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung" gegeben sei.

Keine Selbstmordgefahr für Zschäpe

Er fände keinen Hinweis, so Heer, das Zschäpe am Aufbau einer terroristischen Vereinigung beteiligt gewesen sei. Außerdem beklagte er ihre Haftbedingungen. Sie sitze 23 Stunden am Tag in einer Einzelzelle. Rund um die Uhr brenne das Licht, aus Sorge, Zschäpe könnte Selbstmord begehen, so der Anwalt. Dafür sehe er aber keine Anzeichen: "Frau Zschäpe macht auf mich einen sympathischen, intelligenten und gebildeten Eindruck."

Die Bundesanwaltschaft wies dies am Mittwoch zurück. "Frau Zschäpe ist weiterhin dringend tatverdächtig", sagte Behördensprecher Marcus Köhler. "Sie ist auch wegen des schweren Sprengstoffanschlags dringend tatverdächtig." Den Vorwurf der mangelnden Akteneinsicht hielt er für unbegründet. "Alle Akten, die für die Begründung der Haft angeführt wurden, liegen der Verteidigung vor."

Nach der Rechtslage sei eine vollständige Akteneinsicht in einer laufenden Ermittlung nicht zulässig, wenn diese gefährdet würde, so Köhler. Über die Beschwerde werde erst in Wochen entschieden.

Die Bundesanwaltschaft wirft dem Trio Zschäpe, Böhnhardt und Mundlos vor, die terroristische Vereinigung Nationalsozialistischer Untergrund gegründet zu haben. Sie sollen von 2000 bis 2007 neun Kleinunternehmer mit türkischer und griechischer Herkunft sowie eine Polizistin getötet haben.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Mit der taz Bewegung bleibst Du auf dem Laufenden über Demos, Diskussionen und Aktionen gegen rechts.

Hier erfährst du mehr

Rechtsextreme Terroranschläge haben Tradition in Deutschland.

■ Beim Oktoberfest-Attentat im Jahr 1980 starben 13 Menschen in München.

■ Der Nationalsozialistische Untergrund (NSU) um Beate Zschäpe verübte bis 2011 zehn Morde und drei Anschläge.

■ Als Rechtsterroristen verurteilt wurde zuletzt die sächsische „Gruppe Freital“, ebenso die „Oldschool Society“ und die Gruppe „Revolution Chemnitz“.

■ Gegen den Bundeswehrsoldaten Franco A. wird wegen Rechtsterrorverdachts ermittelt.

■ Ein Attentäter erschoss in München im Jahr 2016 auch aus rassistischen Gründen neun Menschen.

■ Der CDU-Politiker Walter Lübcke wurde 2019 getötet. Der Rechtsextremist Stephan Ernst gilt als dringend tatverdächtig.

■ In die Synagoge in Halle versuchte Stephan B. am 9. Oktober 2019 zu stürmen und ermordete zwei Menschen.

■ In Hanau erschoss ein Mann am 19. Februar 2020 in Shisha-Bars neun Menschen und dann seine Mutter und sich selbst. Er hinterließ rassistische Pamphlete.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.