Heiko Maas über die Saarland-Wahl: "Keinen Bock mehr auf Lafontaine"

Der saarländische SPD-Spitzenkandidat Heiko Maas über die Beziehungen zu Linken und Grünen und über die FDP als Tabu bei der kommenden Bundestagswahl.

Lafontaine und Linke sind "nicht regierungsfähig", findet Maas. Bild: reuters

taz: Herr Maas, Sie treten zum dritten Mal für die Saar-SPD an. Ihre letzte Chance?

Heiko Maas: Es ist die beste Chance. Nach allen Umfragen liegen wir vorn. Wir sind zuversichtlich, stärkste Partei zu werden und den Ministerpräsidenten zu stellen.

Die große Koalition ist quasi beschlossen. Warum soll man überhaupt noch wählen gehen?

Weil es darum geht, ob eine Landesregierung für einen gesetzlichen Mindestlohn, für ein echtes Tariftreuegesetz und für die Bekämpfung der Leiharbeit eintritt. Wer das auch will, muss SPD wählen. Ansonsten gilt: Die große Koalition ist für das Saarland die realistische Option.

Es gäbe noch eine andere …

Die Ausgangslage: Am 25. März dieses Jahres wird im Saarland vorzeitig ein neuer Landtag gewählt. Nach der letzten Wahl im Jahr 2009 gab es eine einmalige Situation: Sowohl ein rot-rot-grünes Bündnis als auch ein Bündnis aus CDU, FDP und Grünen hätte eine Mehrheit gehabt. Nach vielen Sondierungsgesprächen entschied sich Grünen-Chef Hubert Ulrich am Ende für "Jamaika". Die Koalition zerbrach nach Querelen innerhalb der FDP im Januar.

Die Umfragen: Die Grünen würden nach einer am Donnerstag veröffentlichten Umfrage für den Saarländischen Rundfunk derzeit auf 4 Prozent der Stimmen kommen und wären damit nicht mehr im Landtag vertreten. SPD und CDU liefern sich ein Kopf-an-Kopf-Rennen. Die SPD mit ihrem Spitzenkandidaten Maas würde laut der Infratest-dimap-Umfrage 36 Prozent der Stimmen erhalten, die CDU mit Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer 35 Prozent. Die Linke liegt bei 15 Prozent. Die FDP käme auf 2 Prozent, die Piraten erhielten 5 Prozent.

Die Optionen: Es läuft auf eine große Koalition hinaus. Die einzige andere Variante, die realistisch erscheint, wäre ein rot-rotes Bündnis. Das aber hat SPD-Chef Maas ausgeschlossen (taz, afp)

Wichtig ist, dass man nach der Wahl das macht, was man vorher gesagt hat. Und für die SPD gilt: Wir werden definitiv keine Koalition mit der Linken eingehen.

Wenn die SPD hinter der CDU landen sollte, könnten Sie aber nur mithilfe der Linkspartei Ministerpräsident werden.

Mit der Linkspartei geht es nicht. Sie ist nicht regierungsfähig.

45, ist seit 1999 SPD-Fraktionsvorsitzender an der Saar. Seit 2000 ist er Landesvorsitzender und seit 2001 Mitglied des Bundesvorstands der Partei. Bei der Landtagswahl tritt er zum dritten Mal als Spitzenkandidat der SPD an.

Warum nicht?

Die Linke akzeptiert die Schuldenbremse nicht. Die Haushaltspolitik der Linken würde im Saarland griechische Verhältnisse zur Folge haben.

Linken-Parteichef Klaus Ernst hat jüngst den Schuldenabbau befürwortet. Was machen Sie, wenn sich seine Partei bei der Schuldenbremse doch bewegt?

Die Linkspartei tut das Gegenteil. Sie wirft der SPD fälschlicherweise vor, dass wir einen Kahlschlag im öffentlichen Dienst planen würden.

Stimmt das denn nicht?

In einem Land, das in den nächsten zehn Jahren nach allen Prognosen aufgrund des demografischen Faktors bis zu 200.000 Einwohner verliert, muss der öffentliche Dienst schlanker werden. Die Linkspartei verspricht den Leuten das Blaue vom Himmel. Lafontaine will das Saarland nur als Aufmarschgebiet, um seine nächste Spitzenkandidatur bei der Bundestagswahl vorzubereiten.

Bis vor Kurzem waren Sie selbst gegen die Schuldenbremse. Wollen Sie sich mit dem Sinneswandel von der Linkspartei abgrenzen?

Nein. Der Sinneswandel hat damit zu tun, dass man sich den Regierungsrealitäten stellt. Die Schuldenbremse ist nicht das intelligenteste haushaltspolitische Instrument. Wir müssen aber akzeptieren, dass sie im Grundgesetz steht. Unsere finanzielle Selbstständigkeit unter Beweis zu stellen ist eine existenzielle Frage für die Eigenständigkeit des Saarlands.

Angenommen, es gäbe eine rot-grüne Mehrheit nach der Wahl. Das wäre für Sie doch unangenehm, weil Ihr Verhältnis zu den Grünen belastet ist?

Die Grünen machen alles, um sich der SPD anzudienen. Sie wechseln sogar die Spitzenkandidaten aus. Die Saar-Grünen kämpfen um ihr politisches Überleben. Deshalb wollen sie sich mit der Rot-Grün-Debatte zurück ins Spiel bringen. Ich werde ihnen aber nicht den Gefallen tun, sie wichtiger zu machen, als sie sind. Es geht ohnehin auch rechnerisch nicht, denn die Grünen sind nach den derzeitigen Umfragen raus aus dem Landtag. Die grünen Wählerinnen und Wähler können mehr bewegen, wenn sie ihre Stimme diesmal der SPD geben. Damit sorgen sie für faire Bildungschancen und einen neuen politischen Stil in der Regierung.

Kein Rot-Rot, kein Rot-Grün. Schließen Sie Koalitionen aus, weil das Verhältnis zu den Köpfen Oskar Lafontaine und Hubert Ulrich zerrüttet ist?

Das wird überstrapaziert. Die Grünen haben ihren Spitzenkandidaten gewechselt. Zu Simone Peter habe ich ein sehr gutes Verhältnis. Oskar Lafontaine macht persönliche Dinge zum Gegenstand der politischen Auseinandersetzung. Darauf habe ich schon lange keinen Bock mehr.

Nach dem Ende der Jamaikakoalition im Januar ist die Sondierung mit der CDU geplatzt. Warum soll es jetzt klappen?

Es gibt jetzt einen Einigungszwang. Die Menschen im Saarland erwarten eine zügige Regierungsbildung. Die Unterschiede zwischen SPD und CDU sind deutlich, und bei der Wahl wird es darum gehen, ob sie sich zugunsten der SPD oder der CDU auswirken.

Zum Bund: Ist nach dem großen Bündnis aus SPD, FDP und Grünen bei der Nominierung des Bundespräsidentschaftskandidaten die Ampelkoalition wieder im Kommen?

Die Liberalen sehen, dass sie von Frau Merkel klein gemacht werden, und suchen einen Ausweg. Daher öffnet sich die FDP zur SPD. Das macht die FDP aber im Ergebnis inhaltlich nicht attraktiver für uns. Deshalb bleibt es dabei: Wir werden bei der Bundestagswahl 2013 einen Richtungswahlkampf führen: Rot-Grün gegen Schwarz-Gelb. Bis 2013 ist eine Koalition mit der FDP keine Option.

Sie haben kürzlich SPD-FDP-Koalitionen eine Option genannt.

Das geht aber mit der FDP in ihrer gegenwärtigen Verfassung nicht. Solange die FDP sich als Steuersenkungspartei versteht, ohne weiteren politischen Anspruch, ist sie für uns kein attraktiver Partner. Wenn sich die FDP eines Besseren besinnt und wieder eine liberale Bürgerrechtspartei wird, dann wäre eine sozialliberale Koalition denkbar - aber nicht mit Blick auf die kommende Bundestagswahl.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.