Größeres Zubrot für Rentner

EINKOMMEN Bisher können Rentner nur 400 Euro hinzuverdienen, wenn sie ihre vollen Altersbezüge behalten wollen. Arbeitsministerin von der Leyen (CDU) will das ändern

„Die Teilrente soll attraktiver werden“

PETER WEISS, CDU

VON EVA VÖLPEL

BERLIN taz | Ältere sollen in Zukunft mehr zu ihrer Rente dazuverdienen können, ohne dass es ihnen von den Altersbezügen abgezogen wird. „Mit der Anhebung der Hinzuverdienstgrenzen verbindet sich die Erwartung, dass die Inanspruchnahme der Teilrente attraktiver wird, vor allem wenn betriebliche Ergänzungen noch hinzukommen“, sagte der rentenpolitische Sprecher der Unionsfraktion, Peter Weiß (CDU), am Dienstag. Das Konzept wird im Bundesarbeitsministerium erarbeitet und am Donnerstag den Fraktionen im Bundestag zugeschickt.

Diese Details über die Kombirente sind schon am Dienstag bekannt geworden: Die starre Hinzuverdienstgrenze von maximal 400 Euro ohne Abzüge soll vor allem auf Wunsch der FDP fallen. Bisher können Arbeitnehmer, die vor Erreichen der Regelaltersgrenze in Rente gehen, bis zu dieser Höhe Geld verdienen und ihre vollen Rentenbezüge behalten. Verdienen sie mehr, erhalten sie nur noch eine Teilrente, die sich, je nach Zuverdienst, in großen Schritten schmälert. Rund 3.000 Personen nehmen solch eine Teilrente in Deutschland in Anspruch.

Künftig soll ein vorzeitiger Ruheständler so viel Geld dazu verdienen dürfen, dass Rente plus Zuverdienst seinem letzten Gehalt entsprechen. Zur Berechnung der Obergrenze soll das höchste Gehalt aus den letzten 15 Arbeitsjahren herhalten.

Ein Beispiel: Ein Arbeitnehmer hat zuletzt 2.704 Euro brutto verdient, das ist der Durchschnittslohn in Deutschland im Jahr 2012. Geht er mit 63 Jahren in Rente, erhält er derzeit nach Abzügen wegen des vorzeitigen Rentenbeginns im Monat 1.198 Euro Altersbezüge. Nach dem neuen Modell dürfte er künftig 1.505 Euro statt nur 400 Euro dazuverdienen – ohne dass seine Rente geschmälert würde. Voraussetzung ist, dass ein Rentner 35 Jahre lang in der gesetzlichen Rentenkasse versichert war und mindestens 63 Jahre alt ist.

Während die Arbeitgeberseite die Neuregelung vorsichtig begrüßte, übten die Gewerkschaften Kritik: „Es ist bezeichnend, dass die Debatte sich nur darum dreht, wie viel Ältere mehr hinzuverdienen dürfen. Wichtiger wäre die Frage, wie die Rente so gestaltet wird, dass sie zum Leben reicht“, sagte der IG-BAU-Bundesvorsitzende Klaus Wiesehügel. Mehr als die Hälfte der Dachdecker und Gerüstbauer gingen frühzeitig in die Erwerbsminderungsrente, wegen körperlichen Verschleißes. Sie hätten keine Chance mehr auf dem Arbeitsmarkt.

Diether Döring, Frankfurter Rentenexperte und emeritierter Professor für Sozialpolitik, sagte: „Es ist gut, mehr Luft für Zuverdienste zu lassen. Allerdings kommt das Konzept Menschen mit niedrigen Verdiensten und Renten wenig entgegen.“ Denn sie könnten nach der neuen Formel auch weiterhin nur wenig hinzuverdienen. Für Döring ist das Ganze nur „eine Notfallmaßnahme, weil das Rentenniveau beständig sinkt“. So kämen heutige Berufseinsteiger im Alter nur noch auf ein Bruttorentenniveau von 34 bis 38 Prozent. „Deutschland ist beim Rentenniveau schrittweise aus der ersten Liga abgestiegen“, sagte Döring. Er plädierte für eine Stärkung des Rentenniveaus und höhere Mindestrenten für Geringverdiener.

Für Ministerin von der Leyen ist der Hinzuverdienst aber gar nicht das Wichtigste, ihr geht es vor allem um eine Zuschussrente für Niedrigverdiener. Deren Altersbezüge sollen künftig unter bestimmten Voraussetzungen bis maximal 850 Euro aufgestockt werden können. Wie sie das durchsetzen will, muss sie am Donnerstag auch erklären.

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