Stoiber und die EU: „Woan in – woan aut!“

AUFRÄUMEN Edmund Stoiber hat die EU entrümpelt, meint er. Nach sieben Jahren legt der Bürokratiebeauftragte seinen Bericht vor. Die Digitalisierung hilft – und das Prinzip „One in – one out“

MÜNCHEN taz | Als Edmund Stoiber sagt, er wolle sich kurzhalten, schlägt ihm wohlwollendes Gelächter entgegen. In seinen 14 Jahren als bayerischer Ministerpräsident verschwurbelte er sich so oft, dass selbst sein Nachfolger Horst Seehofer, der neben ihm sitzt, sich das Schmunzeln nicht verkneifen kann.

Ohne Umschweife auf den Punkt kommen, das hätte zum Anliegen gepasst, warum Stoiber und Seehofer diesen Montag zur Pressekonferenz luden. Sieben Jahre setzte sich Stoiber ehrenamtlich in Brüssel für Bürokratieabbau ein, jetzt stellt er seinen Abschlussbericht vor. „Ganz unbescheiden“ stellt er fest, dass er ein „Umdenken in der Kommission“ erreicht hat.

300 Vorschläge machte sein Team seit 2008, wie die 23 Millionen Unternehmen in Europa Geld sparen können, indem Brüssel unnötige Regelungen einstampft, etwa bei der Umsatzsteuer. Früher mussten Unternehmen, die die Mehrwertsteuer ausschreiben, diese Rechnungen schriftlich beim Finanzamt einreichen, jetzt geht das auch auf elektronischem Weg. Allein diese Maßnahme spare den Unternehmen in Europa 18,4 Milliarden Euro, die deutsche Industrie sei um 4 Milliarden entlastet.

„Das Ziel“ der Europäischen Kommission bis 2012, ein Viertel der Bürokratiekosten in Europa einzusparen, habe er „erreicht“.

Stoiber fordert für Europa eine unabhängige Beratergruppe, angelehnt an den deutschen Normenkontrollrat, die zukünftige Gesetze auf vermeidbare Bürokratiekosten prüft. In bayerischem Englisch stellt er seine nächste Forderung: „Woan in woan aut“ – „one in one out“ meint die Verpflichtung für jeden Paragrafen, der neu geschaffen wird, einen alten einzudampfen. Außerdem solle die EU sich vornehmen, in den nächsten zwei Jahren 10 Prozent an Verwaltungskosten einzusparen.

Er selbst wolle nicht weitermachen. Schließlich gebe es jetzt in der Kommission einen Vizepräsidenten, der sich um sein Thema kümmere. Wirklich? Seehofer muss schon wieder lächeln. Über eine halbe Stunde redet sich Stoiber in Rage, sticht den Zeigefinger in die Luft wie in alten Zeiten im Bierzelt. Er schimpft über absurde Regelungen wie die Frisörin, der die EU verbieten will, Stöckelschuhe zu tragen. „Kann ich das den Leuten zumuten?“, ruft er. Europa würde sich durch seine Regelungswut „lächerlich“ machen. Also macht er doch weiter? Stoiber legt den Kopf schief: Vielleicht, wenn „seine Vorschläge von der Kommission akzeptiert werden“.

LISA SCHNELL