Familientradition hat ausgedient

Seit Jahren ist der „Friedensgeneral“ fester Bestandteil der Kölner Antikriegsbewegung. „Statistisch bewege ich sicher nichts“, glaubt Udo Hombach, der in seiner Uniform nicht überall erwünscht ist

Von JÜRGEN SCHÖN

„Politik und Wirtschaft brauchen Kriege, anders können sie Konflikte nicht lösen.“ Trotzdem glaubt Udo Hombach, der „absolute Pessimist“, an den Frieden. Seit gut vier Jahren ist der „Friedensgeneral“ fester Bestandteil der Kölner Antikriegsbewegung – „aus tiefster Verzweiflung und aus Gründen der Psychohygiene“. Auch am gestrigen 60. Jahrestag der Befreiung wollte er sich wieder in seiner Phantasieuniform an prominenten Plätzen auf die Straße stellen, geschmückt mit Kriegsorden und Friedenssymbolen.

Als Friedensgeneral verarbeitet Hombach auch die eigene Familiengeschichte. Da ist die 200 Jahre alte Lehrertradition, die er selbst fortgesetzt hat. „Da wurde Anpassung gelehrt, ich musste den Willen des Vaters erfüllen“, erinnert sich der 58-Jährige. Dann sind da die Erzählungen von Bomben, Flucht und Verwundungen, die bis in den Ersten Weltkrieg zurückreichen. Beide Stränge vereinen sich in Hombachs freiwilligem Eintritt in die Bundeswehr, womit er einem Wunsch des Vaters nachkommt.

„Ich wollte ja, aber für diese Soldatenwelt war ich nicht geschaffen“, beschreibt er seine damalige Situation. Auch ein kurzer Ausflug in ein Musikbataillon bringt keine Lösung. Nach zwei Jahren fällt Hombach durch die Offiziersprüfung und beginnt sein Musik- und Pädagogikstudium. Als 1968 Truppen des Warschauer Pakts in Prag einmarschieren, beantragt er – mit Erfolg – die Anerkennung als Kriegsdienstverweigerer. Nach dem Studium nun also Lehrer – auch ein Beruf, den er eigentlich nicht will. Aber in der Reformeuphorie der 70er Jahre macht ihm das zunächst Spaß, er engagiert sich und landet sogar, wie er vergnügt erzählt, „in einem Lexikon für modernen Musikunterricht“. Bald jedoch sind die Zeiten der Reformen vorbei, das Unterrichten wird Hombach zur Qual, er quittiert den Dienst.

„Endlich konnte ich verrückte Sachen machen“, sagt er. Er gründete das „SEKK-SEKK“, das „Solo-Einsatz-Kommando Köln mit sozial-experimenteller Kleinkunst“. Erstes Produkt: der Friedensgeneral. Nach den Anschlägen vom 11. September 2001 stand er damit erstmals vor dem Kölner Dom. „Damals mit großem Herzklopfen, aber heute macht es Spaß.“ Normalerweise paradiert und salutiert er nur, bisweilen tanzt er auch zur Musik eines Straßenmusikanten. Mit Passanten diskutieren will er nicht, weicht Gesprächen aber nicht aus und freut sich, wenn er auf eine Provokation eine „schlagfertige Antwort“ findet.

Wort und Musik setzt er bei Liederabenden für den Frieden ein. Er hat eigens Gesangsunterricht genommen, um Texte von Brecht und Kästner oder auch Eigenes vorzutragen. Sogar bei Mozart hat er ein Lied gegen den Krieg gefunden. Pikanterweise geht es darin um europäische Großmannssucht im Orient.

Ob er mit seinen Aktionen den Kampf für den Frieden voranbringe? „Statistisch bewege ich sicher nichts“, glaubt Hombach. „Ich bin lediglich eine der vielen komischen Figuren in der Stadt, die zur Verbuntung einer Veranstaltung beitragen.“ Erwünscht ist er aber nicht überall. Zwar durfte er mit Uniform sogar ins Kölner Gericht, als dort der Nato-Bombenangriff auf eine Donaubrücke in Jugoslawien verhandelt wurde. Doch als die US-Schrifstellerin Susan Sontag, gerade mit dem Friedenspreis des Deutschen Buchhandels ausgezeichnet, im Vorjahr im Schauspiel auftrat, durfte er nicht ins Foyer. Auch zur Veranstaltung „Die deutschen Katholiken und Hitlers Kriege“, die am Donnerstag im EL-DE-Haus stattfindet, geht er nicht. „Der Veranstalter, die Leserinitiative Publik Forum, hat mir zu verstehen gegeben, dass ich nicht erwünscht sei.“

Udo Hombach paradiert am 13.5. um 20 Uhr im Freiraum, Gottesweg 116a