unterm strich
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Das ist mal äußerst konsequent: Auf der 28. Kunstbiennale von São Paulo, die von Oktober bis Dezember diesen Jahres stattfindet, wird keine Kunst zu sehen sein. Einer der beiden Biennale-Pavillons wird leer bleiben. Das bedeutet: Während in der oberen Etage des Hauptgebäudes eine Bibliothek mit Katalogen aller momentan weltweit stattfindenden Biennalen eingerichtet wird, soll die untere Etage ein Raum der Begegnungen sein. Für einzelne Pavillons haben zwar Kuratoren der Biennale in Venedig schon mal ähnliche Ansätze gewagt, noch nie aber für eine ganze Ausstellung. Wie es zu diesem Konzept kam, das erfährt man in der neuesten Ausgabe des Kunstmagazins Art, das mit Ivo Mesquita, dem Direktor der Ausstellung, über seine Radikallösung gesprochen hat.

Ivo Mesquita betrachtet das Format Biennale als erschöpft und will, nachdem schon im Jahr 2006 die traditionellen Ländersektionen aufgegeben wurden, eine grundsätzliche Reflexion über das Format provozieren: „Die Besucher, an voll gehängte Wände gewöhnt, werden durch die Konfrontation mit dem leeren Raum zum Nachdenken gebracht.“ Er erwartet, dass sein Konzept den Weg zu einem zeitgemäßen Biennale-Konzept weist. Ein weiterer Grund für die Radikallösung des Direktors ist vermutlich eine Reaktion auf dessen verspätete Ernennung. Korruptionsvorwürfe gegen Manoel Pires da Costa, Präsident der Biennale-Stiftung, hatten Mesquitas Nominierung mehr als ein Jahr hinausgezögert. Statt nun innerhalb von zehn Monaten eine schlecht vorbereitete Behelfsausstellung zu präsentieren, entschloss sich Mesquita zur Flucht nach vorn.