Der Superkontrolleur

Jackpot in der Tram

BVG-Kontrolleure werden immer sportlicher. Hatte man es vor einigen Jahren noch mit unmotivierten Pantoffelhelden zu tun, die, genau wie Gebäudeschützer der Polizei, von Hause aus ein paar Pfunde zu viel hatten, so trifft man heute auf Superkontis, die es augenscheinlich nur aufgrund fehlender Cleverness nicht zur GSG 9 geschafft haben. Konnte man sie früher mit ein, zwei angetäuschten Schritten abhängen, so kommt es jetzt vor, dass sie einen vom S-Bahnhof Prenzlauer Allee zwei Kilometer weit bis zum Helmholtzplatz verfolgen, wo man nur dank geschicktem Hakenschlagen durch die Büsche entkommt.

Dann sitzt man im Dunkeln und bei Regen in einem dieser Büsche, reduziert das Atmen, so weit wie möglich, und fragt sich, ob sich so das Leben eines Outlaws anfühlt. Spätestens hier weiß man, dass es Zeit für eine neue Taktik im Umgang mit Kontrolleuren ist. Eine interessante Variante des Schwarzfahrens konnte ich zwei Tage später beobachten. Der bei Minusgraden in Fetzen gekleidete Obdachlose hatte sich schon bei seinem Einstieg in die Tram durch extreme Trägheit ausgezeichnet und stand nun am Ticketautomaten. Er erntete von Anfang an skeptische Blicke, als er begann, Geld in den Automaten zu werfen, und tat dies nun in aller Seelenruhe mit einer Schar tickethungriger Passagiere im Nacken. Das Murren begann, als auffiel, dass er einen Fahrschein für 7,40 Euro komplett in 5-Cent-Stücken bezahlen wollte. Einige wurden nervös angesichts der Unverfrorenheit, hier vom Ticketkauf abgehalten zu werden. Nach drei Stationen und bei 7,35 Euro angelangt, drückte er den großen roten C-Knopf, riss die Arme in die Luft und schrie zum Klimpern der Münzen: „Jackpot!“

JURI STERNBURG