bozen, hungerstreik etc.
: Kippenbergers Frosch bleibt!

Eigentlich dachte man, die Hysterie um den Frosch am Kreuz im Museion von Bozen hätte ein Ende gefunden. Den Frosch hatte man aus dem Foyer entfernt und zu den anderen Kippenberger-Exponaten in den dritten Stock gehängt, und der in Hungerstreik getretene Politiker Franz Pahl wurde ins Krankenhaus gebracht. Seinen Chauffeur sah man tags darauf das Zelt einpacken. Alle hatten sie ihren Auftritt gehabt; aufmarschierende Schützen, betende Gläubige, zürnende Leserbriefschreiber. Sie alle sahen sich religiös verletzt – wie tief, das ließ sich am Hass und an der Unversöhnlichkeit ihrer Äußerungen ablesen. Den Hauptpart aber unter den Skandaltreibern stellten Politiker, die den Frosch gierig ausweideten – im Herbst finden in Südtirol Landtagswahlen statt.

Die Geschichte um das grüne Tier war von Anfang an ein erbitterter Kampf um die Wähler am äußersten rechten Rand. Pahl, Mitglied der Regierungspartei, hatte sie dabei alle überholt, als er die Entfernung des Froschs mit einem Hungerstreik erzwingen wollte. Der Papst, der seinen Urlaub hier verbrachte, kam ihm dabei wie gerufen.

Auf einer Liste der größten Sorgen des Landes, die dem Papst ausgehändigt wurde, bekam der Frosch einen prominenten Platz, und zwar zusammen mit der Pädophilie – der ja im Vatikan gern die Homosexualität beigestellt wird. Doch der Papst ging auf den Frosch in Bozen nicht ein.

Dann ging alles ganz schnell. Letzten Montag berief die Landesregierung noch einen Teil des unabhängigen Stiftungsrats des Museions zu sich: Der Frosch sei abzuhängen. Am Mittwoch schien klar: Die Mehrheit der Mitglieder würde für die Entfernung stimmen. Sollte der Frosch nicht abgehängt werden – zwanzig Tage bevor die Ausstellung ohnehin zu Ende geht –, so ließ Pahl wissen, würde er die Regierungspartei verlassen.

Frömmler Pahl winkte mit einem Briefchen, das er direkt vom Papst bekommen haben wollte. Und darin ließ der Papst wissen, dass der Frosch die Gefühle religiöser Menschen verletze. Auch Berlusconis Kulturminister Sandro Bondi ließ sich nicht lange bitten und sprach sich gegen Institutionen wie das Museion aus, die die „Kunst der Entweihung“ feierten.

Am Donnerstag dann tagte der Sitzungsrat. Die Medien sahen die Tage des Froschs gezählt – auch die der Direktorin Corinne Diserens und des Vorsitzenden, Alois Lageder. Beide hatten erklärt, den Frosch nicht abzuhängen, was bei einer Überstimmung den Rücktritt des Vorsitzenden und die Entlassung der Direktorin zur Folge gehabt hätte. Doch es kam anders. Nach einer achtstündigen Sitzung ließ der Vorsitzende wissen, dass der Frosch bleibt. Sechs von neun Mitgliedern hatten sich gegen die Entfernung ausgesprochen – eine unerwartete Wende. MAXI OBERER