Gegen Nazis mit Kunst

Der polnisch-jüdische Künstler Arthur Szyk (1894–1951) kämpfte mit Bildern gegen den Nationalsozialismus. Eine Werkauswahl zeigt derzeit das Deutsche Historische Museum

VON DANIELA HÖHN

Es ist ein altbekanntes Gesicht, das mit dem Seitenscheitel und Oberlippenbärtchen. In überdimensional geweiteten Pupillen sind Totenköpfe zu erkennen. Hitler war gefährlich, aber war er nicht auch erschreckend lächerlich? Ein Tagedieb und Totengräber Europas.

So sah es zumindest der polnisch-jüdische Illustrator und Karikaturist Arthur Szyk (1894–1951). Bilder waren für ihn eine Waffe, die er im Kampf gegen Nationalsozialismus und Unterdrückung einsetzte. Sich selbst bezeichnete Szyk, der 1940 in die USA emigrierte, als „Soldier in Art“. Als solcher kämpfte er im Zweiten Weltkrieg mit Entwürfen für Zeitschriften, Broschüren und Plakaten auf der Seite der Alliierten.

In Deutschland ist Arthur Szyk kaum bekannt. Das Deutsche Historische Museum in Berlin hat ihm nun eine Ausstellung gewidmet, die grob einer historisch-biografischen Linie folgt und die politische Wirkungsmacht von Bildern zum Thema hat.

Aber haben uns Szyks Arbeiten heute, fast siebzig Jahre nach der „Reichskristallnacht“, noch etwas zu sagen?

Für eine Laufbahn als Künstler entschied sich Szyk, Sohn einer wohlhabenden jüdischen Familie aus Łódź, schon früh. Er studierte in Paris und Krakau, lernte die Kunst der Avantgarde kennen und entdeckte sein Interesse für mittelalterliche Buchmalereien. Dass seine Kunst eine Botschaft haben muss, stand für ihn von Anfang an fest. Nach seiner Emigration in die USA befasste er sich dann fast ausschließlich mit tagespolitischen Themen.

Szyk hat die politischen „Größen“ von damals gezeichnet: Hitler und Stalin, den italienischen „Duce“ Mussolini und auch den japanischen Kaiser Hirohito. Totenköpfe, Hakenkreuze und Bomben sorgen oft für ein makaber-prachtvolles Dekor. Ein altertümlich gehörnter Teufel lauert im Hintergrund, oder es toben bis an die Zähne bewaffnete Wagner-Walküren mit wehendem Blondhaar und finsterem Blick. Der Pomp, den Szyk in solchen Bildern heraufbeschwört, ist eine Parodie auf die Selbstdarstellung der faschistischen Regime der Dreißiger- und Vierzigerjahre. Eigentlich, so Szyk, sind Faschisten lächerliche Gestalten: Mussolini, ein Narr, der dem Betrachter den nackten Hintern entgegenreckt; Hirohito, ein Vampir, der irre grinsend über dem Pazifik herumflattert; Hitler, ein Barbar wie einst der berüchtigte Hunnenkönig Attila.

„Hun“ war im angelsächsischen Sprachraum auch ein geläufiges Schimpfwort für Deutsche. Trotz aller Antipathie, die die US-Amerikaner Hitlers Politik gegenüber hegten, hatten sie einer militärischen Intervention in den Zweiten Weltkrieg lange Zeit mit gemischten Gefühlen entgegengesehen.

Das änderte sich mit dem japanischen Angriff auf Pearl Harbor 1941. Dennoch musste der US-amerikanischen Öffentlichkeit die Gefährlichkeit der faschistischen „Führer“ vermittelt werden, ihre Würdelosigkeit als Menschen. So gesehen waren Szyks Bilder Kriegspropaganda. Arthur Szyk begnügte sich jedoch nicht damit, für den US-amerikanischen Kriegseintritt zu werben. Er, der „Soldier in Art“, wollte mit seinen Bildern auch die Widerstandskraft und das Selbstbewusstsein der jüdischen Bevölkerung stärken. Den Holocaust mochte er nicht karikieren. Stattdessen zeichnete er einen jungen jüdischen Soldaten, der mit der einen Hand ein Maschinengewehr hochreckt und mit der anderen einen toten Alten zärtlich stützt. Das Bild wurde 1943 mit dem Titel „We Will Never Die“ veröffentlicht und erschien im selben Jahr unter der Headline „Action – not Pity“ auch in der New York Times.

Szyk Idealbild war der tatkräftig-entschlossene Held, der Ungerechtigkeit bekämpfte, wo er sie sah und mit allen Mitteln, die ihm zur Verfügung standen. Eine solche Sicht auf den Nationalsozialismus ist in der deutschen Erinnerungskultur bislang nur wenig berücksichtigt worden. Vielleicht ist es deshalb auch kein Zufall, dass die Szyk-Ausstellung 2005 bereits in Polen zu sehen war und davor im United States Holocaust Memorial Museum in Washington, D. C., aber noch nie in Deutschland. Diese Lücke hat das Deutsche Historische Museum jetzt geschlossen und eröffnet damit, was die deutsche Vergangenheitsbewältigung betrifft, neue Perspektiven.

bis 4. Januar, „Arthur Szyk: Bilder gegen Nationalsozialismus und Terror“, Deutsches Historisches Museum Berlin, Katalog 28 €