Neue Platte mit Soul und Reggae: Hymne der Veränderung

Der Soulsänger Amp Fiddler hat "Inspiration Information" mit den Reggaegrößen Sly & Robbie aufgenommen. Die Musik passt zur politischen Stimmung in den USA.

Noch cooler als Obama: Sly Dunbar, Amp Fiddler, Robbie Shakespeare. Bild: promo

Die Logik des A & Ring, jener Kunst, auf einem Plattenlabel die richtige Musik zu veröffentlichen, funktioniert manchmal nach denkbar einfachen Prinzipien. Zum Beispiel nach diesem: alte Helden + funky Newcomer = sichere Bank. Eine Gleichung, die selbst in Krisenzeiten kalkulierbare Rendite verspricht und aus der schlaue A-&-R-Menschen daher am liebsten eine Fortsetzungsgeschichte machen.

Für eine "Inspiration Information" genannte Serie des Labels Strut brachte diese Logik nun Sly Dunbar und Robert Shakespeare mit Amp Fiddler zusammen. Den Part der alten Helden übernehmen Sly & Robbie. Die manischen Vielproduzierer aus Jamaika sind die Könige des Kleingedruckten und arbeiten seit Jahrzehnten für die unterschiedlichsten Künstler: von Peter Tosh bis Sean Paul, von Dylan bis Santana, von Grace Jones bis Simply Red.

Amp Fiddler gibt den funky Newcomer. Bevor er seine eigene schmachtende Falsettstimme erhob, war der Detroiter Soulmusiker allerdings schon viele Jahre als Keyboarder von George Clinton oder als Studiomusiker für Prince und Seal unterwegs. Ein richtiger Newcomer ist er somit nicht. Er steht eher für einen schönen Nebeneffekt dieser Logik: Sie macht auch Fünfzigjährige wieder frisch.

Eine dreitägige Session im Zeichen gegenseitiger Inspiration zieht nun also ihren Beweihräucherungsduft von Sly & Robbies Studio in Kingston bis in das Berliner Labelbüro von Strut: die tolle Atmosphäre bei den Aufnahmen, das blinde Verständnis zwischen den Musikern, der magische Moment schon ganz am Anfang, in dem es einfach klick gemacht und sofort gegroovt hat.

Amp Fiddler könnte das ganze Programm vermutlich im Schlaf runterrattern. Aber er hat auch anderes zu erzählen. Während in Denver, Colorado, gerade der Parteitag der US-Demokraten zur Kür ihres Präsidentschaftskandidaten in Gang ist, wirkt Fiddler im Interview, mit seinem Frohawk auf dem Kopf und Change-Rhetorik auf den Lippen, wie ein Obama in ultracool: "Ich habe meine Songs nicht für Barack Obama per se geschrieben. Ich habe sie für das ganze Land geschrieben, damit alle hören, was passieren muss, damit sich die Dinge verändern."

Jemand wie Amp Fiddler, der noch in einem prosperierenden Detroit aufgewachsen war, später zusehen musste, wie die Gebäude rings um das Haus seiner Familie langsam zerfielen, der sich vor dieser Untergangsstimmung in Motown-Songs und die kosmischen Welten des P-Funk flüchtete, sich aber erst im gesetzten Alter von Mitte 40 einen eigenen Namen im Popbusiness machen konnte, so jemand hat sich seine eigene Philosophie längst zurechtgelegt. Und die passt zu Obamas Wahlkampfrhetorik.

Seit Jahren schon spricht Amp Fiddler in Songs und Interviews von denselben Dingen: von Aufgeschlossenheit und Dialog, von der rechten Zeit, die irgendwann unweigerlich anbrechen muss. So wie irgendwann auch seine eigene Zeit gekommen war. Die Aufnahmen mit Sly & Robbie sind dafür nur eine weitere Bestätigung.

In Detroit arbeitet Fiddler aber immer noch mit alten Freunden zusammen, etwa mit der Schwurbel-House-Ikone Kenny Dixon Jr. "No matter what I do or what I become Ill always be J.A.N. in this country. Just Anotha Nigga", hatte dieser noch vor zehn Jahren auf eine seiner Platten stempeln lassen. Bei Amp Fiddler ist dieser Fatalismus ins Positive gewendet: Es wird alles gut - irgendwann.

Der neuen Zuversicht hat Fiddler mit "Black House" die passende Hymne geschrieben. Über einem sehr zurückgelehnten Groove von Sly & Robbie rollt er mit seiner unverkennbaren Stimme die Geschichte des Black America seit den 60er-Jahren auf, um schließlich im Refrain ganz sanft zu fordern: "Paint the White House black."

George Clinton, Altmeister des P-Funk und Fiddlers Mentor, hatte zu Beginn der Ära seines Namensvetters Bill genau dieselbe Forderung noch mit wütenden Rap-Beats unterlegt. Amp & Sly & Robbie übernehmen das Motto, verwandeln es aber beinahe in eine Ballade. Wo Aggression war, ist heute Hoffnung und die funky Coolness all jener, die gelassen auf Veränderung warten. Oder, wie Amp Fiddler sagt: "Alles passiert zur rechten Zeit."

Amp Fiddler/Sly & Robbie: "Inspiration Information" (Strut/Groove Attack)

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.