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: Viel Ehre, wenig Glanz

Jeff Koons konnte es am Mittwoch auf der Pressekonferenz nicht oft genug betonen, wie sehr er sich geehrt fühle durch seine Ausstellung in der Neuen Nationalgalerie und welche Ehre es für ihn bedeute, sein Werk nun in dem berühmten Bau von Mies van der Rohe ausgestellt zu sehen. Jeff Koons gehört mit seinen „Celebration“-Skulpturen zu einem großen Ausstellungsreigen, mit dem die Staatlichen Museen den „Kult des Künstlers“ feiern. Auch Koons’ vielfache Verbeugung vor Mies van der Rohe ist Teil des Künstlerkults und des Boheis um berühmte Namen, ohne den es heute nicht geht.

Koons konnte nur die Prominenz, nicht die Exzellenz des Architekten meinen. Denn Letztere lässt Mies van der Rohe in der Oberen Halle der Neuen Nationalgalerie gänzlich missen. Die Feinde von Koons werden ihre Freude daran haben, wie die hochglanzpolierten Herzen, die Balloondogs und die Balloonflowers das schwarze Deckenraster der Halle widerspiegeln, das sich düster auf den sonst knallbunt erstrahlenden Farben niederschlägt und den ganzen Skulpturenpark in ein trübes Licht taucht. Es muss auch Jeff Koons auffallen, dass „Celebration“ eine ziemliche traurige Veranstaltung geworden ist.

Das simple, minimalistische Objekt eines überdimensionierten Kronkorkens zeigt das ganze Dilemma in nuce. Der riesige Flaschendeckel aus hochglänzendem Stahl erinnert an einen der konvexen Spiegel, wie sie aus der Kunst des Manierismus und des Barock bekannt sind. In der Sammlung Pinault im Palazzo Grassi in Venedig finden sich in diesem Kronkorken die wunderbaren goldverzierten Schnitzereien der Raumdecke widergespiegelt, die das manieristische Moment der Kronkorkenform noch einmal richtig bewusst werden lassen. Das Spiegelbild in Berlin dagegen zeigt eine hässliche, mal bräunlich, mal bläulich getönte Glasfront, durch die man ein nicht minder hässliches, weißes Plastikpartyzelt sieht. Prompt sitzt der Deckel wieder auf der Bierflasche, wo ihn Koons als absichtslos schönes Objekt entdeckte, als rundweg perfekte Form, die in der Berliner Präsentation freilich unkenntlich wird.

Recht besehen ist die Neue Nationalgalerie das beste Argument dafür, dass Koons unbedingt nach Versailles gehört. In den üppigen Rahmen, in dem Koons’ Kitsch erst seine wahre Wirkung entfaltet. In Berlin sieht das Kätzchen, das in einem von zwei Wäscheklammern an der Leine festgehaltenen Wollsocken steckt, wie aus dem Wasser gezogen aus. Die interessante Erfahrung, zu erleben, wie den überaus wiedererkennbaren Figuren des Koons’schen Kunstkosmos plötzlich die Wiedererkennbarkeit abhanden kommt, wollten die Freunde der Nationalgalerie wohl kaum finanzieren und wohl noch weniger eine teure Werbung für die falsche Adresse.

BRIGITTE WERNEBURG