Im Zeichen der Finanzkrise

Seine neue Bescheidenheit stand dem 13. Art Forum in Berlin gar nicht mal schlecht. Die Kunstmesse setzte dieses Jahr auf abgesicherte Qualität

Im Zeichen der Finanzkrise, wie die Standardeinleitung zu egal welchem Thema heute lautet, im Zeichen der Finanzkrise also sind nicht nur Katastrophen zu vermelden. Es ergeben sich auch neue Chancen. Etwa für die Berliner Kunstmesse, die am Wochenende zum 13. Mal stattfand. Im Zeichen der Finanzkrise fällt jetzt nämlich die Deutsche Bank als Geldgeber nicht nur für den deutschen Pavillon in Venedig 2009 aus, sondern auch als Hauptsponsor der Kölner Kunstmesse. Die Bank spielt Berlin also noch einmal den Ball zu, mit dem Art Forum die Art Cologne als wichtigste deutsche Kunstmesse zu beerben. So hatte ja auch eine Gruppe renommierter Galeristen um Michael Zwirner und Rudolf Kicken 1996 das Spiel eröffnet, mit dem „european art forum“ in den Berliner Messehallen am Funkturm als „eine Alternative zu Köln“. Damals sagte der Galerist Thomas Schulte: „Die Frage, ob der Kunstmarkt eine weitere Messe verträgt, ist falsch. Es gibt nur zu viele Messen mit dem falschen Konzept.“

Im Zeichen der Finanzkrise dürfte diese Aussage berechtigter sein als je zuvor. Wobei die Messen mit dem falschen Konzept inzwischen auch die überzähligen sein dürften. Das nicht nur radikal neue, sondern auch gleich richtige Gesamtkonzept für das 14. Art Forum 2009 muss nun das Direktorengespann Eva-Maria Häusler und Peter Vetsch vorlegen, an das die bisherige künstlerische Leiterin Sabrina van der Ley am gestrigen letzten Messetag offiziell den Führungsstab übergab.

Im Zeichen der Finanzkrise ist es dafür unumgänglich, diejenigen Galeristen in der Hauptstadt wieder in die Messe einzubinden, die 2003 absprangen und das „gallery weekend“ im Mai organisierten. Verstärkt durch weitere wichtige Berliner Galerien, hat die Gruppe von 44 Galeristen dieses Konzept im September mit der „art berlin contemporary“ (abc) im ehemaligen Postbahnhof am Gleisdreieck fortgeschrieben. Anlass gab die Verschiebung des Art Forums auf Anfang November. Inzwischen hat sich der Wirbel um die Verlegung gelegt, und ersichtlich haben die großen Galerien der Stadt jetzt nicht weniger und gewiss auch nicht weniger wichtigen Besuch, als es einen Monat früher der Fall war.

Im Zeichen der Finanzkrise wird das das Ende der „abc“ sein, zumal das Art Forum nächstes Jahr wieder Anfang September stattfindet. Ob die Galeristen damit auch schon wieder mit im Boot sein werden, ist allerdings nicht gesagt. Teure Künstler wie Jeff Koons oder Albert Oehlen sind in den eigenen Galerieräumen, wie jetzt bei Max Hetzler, erfolgreicher zu zeigen. Aber das war schon in den Zeiten vor der Finanzkrise so, dass die maßgeblichen Galerien den erfolgreicheren und internationaleren Handelsplatz als die Messe selbst bildeten. Diese Riege wird nun durch Gisela Capitän aus Köln und Friedrich Petzel aus New York verstärkt, die am Wochenende ihre gemeinsamen Räume in der Karl-Marx-Allee mit Kippenberger, Förg und Oehlen eröffneten. Monika Sprüth und Philomene Magers, die ihren Stammsitz Köln auf ein Büro reduziert und ihre Münchner Filiale (nicht aber die in London) ganz aufgegeben haben, feierten schon vor 14 Tagen ihre Berliner Premiere. Eine Woche danach eröffnete mit der Karlsruher Galerie Meyer Riegger eine der Vorzeigegalerien des deutschen Südwestens ihre ständige Vertretung in der Friedrichstraße.

Im Zeichen der Finanzkrise könnte die Terminverschiebung sogar ihre gute Seite haben. Teilnehmer der niedrigpreisigen Nebenmessen wie Preview, Berliner Liste und Berliner Kunstsalon meinten schon eine vorweihnachtliche Kaufbereitschaft zu erkennen. Auch beim Art Forum war die Stimmung keineswegs düster. Wie schon bei der Londoner Frieze oder der Pariser Fiac setze man auch hier, wenn auch auf niedrigerem Niveau, auf eine Neue Bescheidenheit. Statt der großen Gesten mit aufwändigen Installationen, mächtigen Skulpturen und Ölgemälden sah man ein qualitätvolles, freilich weitgehend abgesichertes Angebot. Auch deshalb gefiel die Freestyle-Sektion besser als früher. Hier war etwa bei Michael Stevenson aus Südafrika Nicolas Hlobo zu entdecken, der demnächst eine Einzelausstellung in der Tate Modern in London haben wird. Mit Einzelpräsentationen wie den bösen Strichzeichnungen von Marcel Dzamas bei Sies + Höke aus Düsseldorf oder den abstrakt fragmentierten Zeichnungen von Marc Brandenburg beim Österreicher Thaddäus Ropac sind wohl mehr Kuratoren als Sammler gemeint.

Und wie Ex-taz-Autor und Junggalerist Oliver Koerner von Gustorf so richtig bemerkte: Wenn schon Krise, dann in Berlin; die Stadt ist es schließlich gewöhnt. BRIGITTE WERNEBURG