Zurück in der Stadt

Manni melancholisch

Wie schon so oft hatte die Provinz Manni ganz melancholisch gemacht. Im Flieger zurück Richtung Tegel biss er nachdenklich in sein Käsebrötchen, spülte mit dem angebotenen roten Paradeiser nach und starrte in die Nacht. Biene schmiegte sich leise röchelnd an ihn, und Manni dachte: Ist doch komisch, dass die Kunst in Innsbruck, St. Gallen, Freiburg i. Br., ja selbst in Zürich so vollkommen anders rüberkommt als zu Hause. Er überlegte, wie die Kunst da eigentlich rüberkam, aber ihm fiel nur Unsinn ein: Säntismord, Chocolatier, Knacklaut, Bächle, Speisewürze.

Er dachte an die Raufasertapeten, mit denen die Galeristen dort ihre Räume austapezierten, und daran, dass nirgendwo ein Computer herumstand, aber schon mal ein Flügel, auf dem der Galerist Satie interpretierte. Möglich, dass es so was auch zu Hause gab. In Charlottenburg war er einmal an einer Galerie vorbeigegangen, in der ein alter Ölofen unter dem Schreibtisch stand und dem Galeristen die Füße wärmte. Der Westen war allerdings noch nie ein guter Maßstab gewesen. Hausmetzgete, Wilder Mann, Jurakalk.

Manni kam nicht drauf, was ein Bild an einer weißen Wand in Konstanz von einem in der Zimmerstraße unterschied. War es das Klima? Oder das fette Essen, das der Künstler eigenhändig den Gästen spät in der Nacht servierte? Die Kunststudenten saßen auf dem Fußboden und löffelten Kürbissuppe und Schupfnudeln, und nachher kehrte der Galerist aus und spülte Geschirr. Manni erinnerte das an längst vergangene Zeiten. Auf den Tischen tanzen, ja, aber doch nicht zu Neuer Musik. SWF-Matinee, Podiumsdiskussion, Kunstverein. Scheiße, dachte Manni, Paradeiser, Sinkflug, weiße Hose, das passt auch nicht zusammen.SASCHA JOSUWEIT