berliner szenen Fiat Azzurro

Wohin es gehen soll

Wir wollten essen gehen. Ihr war egal wohin, und auch ich zuckte mit den Schultern. Hauptsache ein Tisch für zwei, die sich gegenübersitzen wollen. Wahllos fuhren wir durch die Stadt, diesen ganzen seltsamen Nachmittag lang schon. Rauchten und fuhren durch die Gegend. Meist schwiegen wir, obwohl wir miteinander reden wollten, und ab und zu bogen wir irgendwo ab. Wir waren stundenlang unterwegs. Und dabei dachte ich ständig an Herrn Rossi, jenen Italiener, der in seinem kleinen Wagen durch die Gegend fuhr und das Glück suchte, im Nachmittagsprogramm meiner Kindertage.

Und nun suchten wir hier wie zwei Verrückte. Nach weiß Gott was, vielleicht Glück. Und einer Richtung. Herr Rossi in mir zuckte mit den Schultern. Er wisse es auch noch nicht, gab er mir zu verstehen. Manchmal seufzte sie. Wie ein kleines Kind, das kein Eis bekommt. Dann wieder kurbelte sie das Fenster herunter, als ränge sie nach Luft. Ich kramte in meinen Gedanken und flüchtete, für einen Augenblick, zurück in meine Kindheit. Wo alles leicht war. Man wurde vom Kindergarten abgeholt, und zu Hause gab es Spaghetti, Schokoladenpudding und Blechdosenschießen am Nachmittag. Es ging einfach immer geradeaus. Und jetzt, 25 Jahre später, saß ich mit einer Frau im Auto und formulierte in Gedanken Fragen die Richtung betreffend.

Gegen fünf gaben wir auf und fuhren stadteinwärts. Wir hielten bei einem Italiener an. Jener Tisch für zwei Personen war noch frei. Wir setzten uns. An einer Kerze steckte sie sich eine an. Und bestellte etwas mit Knoblauch. Rossi zuckte wieder mit den Schultern. Er wisse es auch noch nicht, gab er mir zu verstehen. Wir bestellten etwas Wein. Dann verlor ich mich aus den Augen. JOCHEN WEEBER