ysl, raubkunst etc.
: Ratte, Hase und Cai Mingchao

Cai Mingchao ist ein patriotisches Schlitzohr. Der Kunsthändler hat sich am Montag in Peking als jener Mann geoutet, der in Paris den Rattenkopf und den Hasenkopf aus der Sammlung des verstorbenen Modeschöpfers Yves Saint Laurent und seines Freundes Pierre Bergé für 31,4 Millionen Euro ersteigert hat, anonym, per Telefon. Jetzt, fünf Tage später, erklärt Mingchao in Peking, das ersteigerte Los nicht zu bezahlen. Das Auktionshaus Christie’s erwägt in Paris rechtliche Schritte. Aber in China wird Mingchao als Held gefeiert.

Mit seiner List hat der Kunsthändler Mingchao die Versteigerung der beiden Tierköpfe bis auf weiteres blockiert. Der Streit um die 40 Zentimeter kleinen Bronzeköpfe der Ratte und des Hasen reicht weit in die koloniale Vergangenheit zurück. Die beiden Tiere sind 1860 von französischen und britischen Soldaten aus dem Sommerpalast in Peking geraubt worden. Sie gehören zu einer Gruppe von zwölf Tierköpfen, die die Jahre des chinesischen Kalander symbolisieren. Der französische Jesuit Michel Benoist hatte die Tierköpfe rund um einen Brunnen im 18. Jahrhundert für den Kaiser Qianlong entworfen.

China verlangt schon lange die Rückgabe der geraubten Köpfe, möchte aber die aktuellen Besitzer dafür nicht entschädigen. Allerdings hat in den vergangenen Jahren die chinesische Gruppe „Poly“ (Kapitaleigner sind die chinesischen Armee wie auch der Hongkonger Milliardär Stanley Ho) fünf der Tierköpfe bei Auktionen gekauft. In der Frage der Ratte und des Hasen haben sich aber weder Poly noch die Pekinger Spitze eingemischt. Die Kampagne gegen die Versteigerung fand stattdessen in den chinesischen Medien statt.

Die Vorbesitzer der beiden Bronzeköpfe, YSL und Bergé, haben sie ganz legal bei einem Kunsthändler erworben. Bei Beginn der Kampagne gegen ihre Versteigerung erklärte Bergé im vergangenen Monat in Paris, er seit bereit, Peking die beiden Köpfe zu schenken. Voraussetzung: Peking gäbe Tibet die Menschenrechte und empfange den Dalai Lama.

Kunsthändler Mingchao ist einer der Berater eines Fonds, der in China um die Rückgabe von geraubten Kunstschätzen kämpft. Aber seine Pariser List war angeblich ein Alleingang. Der Kunsthändler hat nicht enthüllt, ob ihm die nötigen Finanzen fehlen oder ob er sein Gebot für die beiden Bronzeköpfe aus prinzipiellen Erwägungen nicht nach Paris überweisen will. Mingchao sagt nur: „Ich habe im Namen des chinesischen Volkes gehandelt.“ DOROTHEA HAHN