RAF IM GRAEFEKIEZ
: Die lustigen Alkis

Möbel zu Hause, aber kein Geld für Alkohol

Vor 30 Jahren hatte die RAF im Graefekiez ein letztes Refugium. Damals gab es noch keinen Bioladen, keinen Weinladen, keine als Liegewiese umfunktionierte Admiralbrücke, auf der Amateure auf Bongos trommeln, es wallfahrteten noch keine Touristen aus aller Welt durch die Straßen, es bildeten sich keine Kindertrauben vor dem Eiscafé, es gab keinen von Studenten belagerten Italiener, bekannt als „Weitwurfpizzeria“, weil es schnell gehen muss. Nur einen unechten Italiener mit zehn Zentimeter dicker Hefeteigpizza. Und statt Bars gab es nur eine übel beleumundete Berliner Eckkneipe, die Standesamt hieß. Außerdem ein paar Antiquitätenläden mit harten Jungs, die davor herumlungerten und harte Sachen tranken. Einer von ihnen musste sogar mal von einem Spezialkommando mit schusssicheren Westen abgeholt werden, weil er sich in seiner Wohnung verschanzt hatte und mit seiner Knarre herumballerte. Erst Jahre später wurde er wieder gesichtet, mit ein paar Tattoos mehr.

Vor kurzem traf ich sie wieder, die RAF. Vor Getränke Hoffmann lungerten ein paar Jungs von der Rest-Alkohol-Fraktion herum. Ein Dicker, der eine frappierende Ähnlichkeit mit John Goodman aus „Barton Fink“ von den Coen-Brüdern aufwies, drängte mich in eine Ecke, um mir einen Witz zu erzählen: „Möbel zu Hause, aber kein Geld für Alkohol“, sagte er und lachte sich schlapp. Er kippte einen Jägermeister, schwang sich auf ein Mofa, das unter seinem breiten Arsch kaum mehr zu sehen war, und knatterte davon.

Ich hievte zwei Kästen Rhön-Sprudel in den Kofferraum. „Ah, Aquaholiker!“, machte sich eine Stimme aus der RAF lustig, die sich vor dem Laden zusammengerottet hatte. „Ich brauch das zum Brandlöschen“, sagte ich matt. „Aha! Soso! Ach ja? Echt ma? Ähem!“, raunte es aus der RAF. Sogar Gekicher vernahm ich. Dann klirrten wieder die Flaschen. KLAUS BITTERMANN