Unterwegs ohne Gott

KAMPAGNE Atheisten touren mit einem eigenen Bus durch Deutschland und werben für Toleranz gegenüber der Gottlosigkeit. Nahverkehrsbetriebe wollten ihnen keine Werbeplätze verkaufen

„Wir wollen, dass Atheismus als Normalität akzeptiert wird.“

Peter Iblher, Initiator der Kampagne

Grell prangt die pinke Schrift auf dem roten Doppeldeckerbus: „Es gibt (mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit) keinen Gott“. Mit diesem Mobil ist die atheistische „Buskampagne“ derzeit in ganz Deutschland unterwegs. Gestern machte sie in Bremen Station, in den Tagen zuvor in Berlin, Rostock, Schwerin und Hamburg.

Aufregung verursachte der rote Bus am Vormittag auf dem Bremer Bahnhofsvorplatz kaum. Vornehmlich ältere Menschen waren unterwegs. Einige blieben stehen, die meisten amüsierten sich über den pinken Schriftzug oder zückten den Fotoapparat. „Wir wollen, dass Atheismus als Normalität akzeptiert wird“, erklärte Mitinitiator Peter Iblher das Anliegen der Kampagne. Schließlich schöpfe ein Drittel der Bevölkerung seine Werte aus anderen Quellen als der Religion. „Trotzdem wird der Atheismus als eine gesellschaftlich relevante Strömung ständig untergebuttert“, sagte er. Bei moralischen Probleme etwa werde der Ethikrat befragt – „und der besteht in erster Linie aus religiösen Vertretern“, so Iblher. Mit der Kampagne werbe man für Toleranz gegenüber dem Atheismus – ohne missionieren oder kränken zu wollen. So sei der in Klammern gesetzte Einschub „mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit“ im Slogan auch als Geste gegenüber gläubigen Menschen gemeint.

Im Vorfeld hatte die Kampagne für einigen Wirbel gesorgt. „Die Emotionen waren stark“, sagte Iblher. Ursprünglich sollte der Slogan mit Werbebannern auf Bussen und Bahnen publik gemacht werden. Doch das Angebot der AtheistInnen lehnten die Nahverkehrsunternehmen in 17 Städten ab. So auch in Bremen und Hamburg. Der Sprecher des Verkehrsverbundes Bremen Niedersachsen, Hermann Priklenk, bezeichnete die Kampagne im NDR gar als „glaubensverachtend“. Die Bremer Straßenbahn AG (BSAG) begründete ihre Absage mit dem Kirchentag, zu dem sie keine Kontroverse auslösen wollte. Im Rückblick beruft sich BSAG-Sprecher Jens Christian Meyer auf die „Statuten des Unternehmen“: Die BSAG fahre grundsätzlich keine Werbung mit religiösen oder politischen Aussagen. Dass Busse und Bahnen Sprüche wie „Wir fahren den Kirchentag“ oder das offizielle Kirchentags-Banner zierten, fällt für Meyer nicht unter diese Statuten: „Es wurde nur auf eine Großveranstaltung aufmerksam gemacht“.

Alternativ sind die AtheistInnen nun mit einem eigenem Bus unterwegs. „An den bisherigen Stationen war es relativ ruhig“, sagte Iblher in Bremen, die Reaktionen seien eher aufgeschlossen als ablehnend.

Selbst der evangelikale Verein „Campus für Christus“, der dem Atheisten-Bus mit einem eigenen Bus folgt, gibt sich offen: „Wir nehmen die Frage nach Gott dankbar auf“, sagt Ingmar Bartsch, Sprecher der „Gottkennen-Tour“, „und wollen fröhliche Präsenz zeigen“. In Bremen war man indes nicht präsent. Da habe der Christen-Bus außer der Reihe Osnabrück besucht, so Bartsch. TERESA HAVLICEK