IN DER HASENHEIDE
: It’s a Man’s World

Es raschelt in den Büschen

Ich habe sie oft gesehen, die Männer in der Hasenheide. Sie trugen grüne Latzhosen. Wenn es heiß war, ließen sie die Träger runterhängen und zeigten ihre behaarte oder ganz glatte Brust. Sie lungerten um Mülleimer herum, schauten fachmännisch nach weggeworfenem Gut und saßen gelegentlich auch in kleinen rauchenden Gruppen auf den Bänken herum. Sie sahen nicht unglücklich aus mit ihren Schubkarren und Schaufeln und Müllstäben.

Neuerdings hat sich in der Hasenheide aber einiges verändert. Und ich spreche nicht von den Kaschmirziegen, die im Frühjahr gelammt haben, oder den vielen schwangeren Pärchen, die jetzt Sonntags in Massen in der Hasenheide flanieren gehen. Ich spreche von den Frauen in der Hasenheide. Erst tauchte diese Bürgerwehrgruppe, der Club der Neuköllner Hausfrauen auf, die mit diversen Aktionen versuchen, die Dealer aus der Hasenheide zu vertreiben. Und jetzt sind die Männer mit ihren grünen Latzhosen verschwunden.

Stattdessen kommt dieser Kleinlaster in einem Affenzahn auf einem der Wege bei der Senke angefahren und bremst knapp einen Meter vor mir mit quietschenden Reifen. Zwei durchtrainierte junge Frauen, ihr Haar in praktische Pferdeschwänze gebunden, springen aus dem Führerhäuschen und würdigen mich keines Blickes. Sie lehnen sich an die hölzernen Balken, die die Wiese vom Gebüsch trennen, und zünden sich Zigaretten an. Durch das Laub der Büsche sehe ich ein weiteres Gartenbaufahrzeug auf einem der Spazierwege stehen, der Motor läuft. Es raschelt in den Büschen, ich mache einen Schritt zurück, und zwei weitere Frauen erscheinen auf dem Weg. Die vier Frauen begrüßen sich mit Handschlag. Ein Mann joggt vorbei, und eine der Frauen pfeift ihm hinterher. „Ich will deinen Körper!“, ruft eine andere. Eigentlich ist doch alles beim Alten, denke ich.

MAREIKE BARMEYER