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Einigermaßen atemberaubend

„JCVD“. Regie: Mabrouk El-Mechri. Mit Jean-Claude Van Damme u. a. Frankreich 2008, 97 Minuten. Der Film ist auf DVD (ab 11 Euro) und BluRay (ab 15 Euro) allgemein im Handel erhältlich.

Der Held in Mabrouk El-Mechris Film „JCVD“ sieht aus wie Jean-Claude Van Damme, wird gespielt von Jean-Claude Van Damme, hat die Biografie von Jean-Claude Van Damme, und er heißt auch Jean-Claude Van Damme. Dennoch ist Jean-Claude Van Damme so wenig Jean-Claude Van Damme wie „JCVD“ ein Dokumentarfilm über ihn ist. Weit, sehr weit gefehlt.

Was nicht heißen soll, „JCVD“ wäre jetzt das, was ein Jean-Claude-Van-Damme-Fan oder -Hasser sich unter einem Jean-Claude-Van-Damme-Film vorstellt: also mehr oder minder hochkarätige Karateprügeleien unter fadenscheinigem Handlungsvorwand. (Es soll nicht unerwähnt bleiben, dass Van Damme einmal auch mit John Woo gedreht hat. Schließlich lässt der Film es ebenfalls nicht unerwähnt.)

Sehr wohl gibt es also Action in „JCVD“ – gar nicht so wenig. Gleich in der ersten Sequenz prügelt sich Van Damme als Berserker durch die nach und nach gelichteten Reihen der Gegner. Allerdings wird das – „und Cut“ – nur der Film im Film gewesen sein: Bilder aus einer ganz und gar fiktionalen Wirklichkeit in der Wirklichkeit.

Aber auch in der Wirklichkeit, die „JCVD“ als seine eigene etabliert, wird geschossen. Es wird eine Postbank überfallen, es werden Geiseln genommen, es werden Ultimaten gestellt. Die Handlung geht, kurz gesagt, so: Jean-Claude Van Damme hat massive Geldprobleme (eine Sache mit der Steuer), er hat Sorgen wegen der Scheidung von seiner Frau. Sein Zustand ist desolat, er ist unter Druck, er braucht Geld, geht zur Bank und will einen Kredit. Dabei aber gerät er in einen Überfall. Die Räuber zwingen ihn vorzutäuschen, er gehöre zu ihnen. Er nimmt als vermeintlicher Verhandlungsführer der Gangster telefonisch Kontakt mit der Polizei auf, die die Bank längst umstellt hat. Die Außenwelt, die nicht weiß, was im Inneren vorgeht, hat schnell ihre Schlagzeile: Der verarmte belgische Actionstar Jean-Claude Van Damme überfällt eine Bank. Aber auch seine Fans, sogar seine Eltern (die nicht von Jean-Claude Van Dammes Eltern gespielt werden) sind bald zur Stelle.

Und Cut. Bliebe es bei diesen absurd-komischen Pointen, wäre „JCVD“ nicht mehr als die aller Ehren werte, vielleicht etwas angestaubt postmoderne Selbstreflexion eines B-Movie-Actionstars auf sich und sein sehr begrenztes Rollenrepertoire.

Es kommt aber etwas einigermaßen Atemberaubendes hinzu. Eine Szene, die ganz und gar aus dem Rahmen des Spiegelkabinetts fällt, das der Film bis dahin errichtet. Mittendrin nämlich wird die Postbank-Überfallshandlung stillgestellt.

Wie mit einer jener Theatermaschinen, in denen früher Götter auf Bühnen ein- und ausgeflogen wurden, entschwebt Jean-Claude Van Damme aus der Szenerie nach oben. Er sitzt dann einfach da, während die äußere Handlung nicht weitergeht, blickt in die Kamera und beginnt zu sprechen. Ein waschechter Monolog, abseits der Szene, in dem es um das Leben des Stars, um Versäumtes, Erträumtes, um Fehler, die er gemacht hat, um seine dennoch privilegierte Situation geht und mancherlei mehr. Auch das ist nun keinesfalls eins zu eins zu nehmen. Noch sind der Ernst – und die Tränen – Jean-Claude Van Dammes erst einmal fiktional.

Dennoch wird man den Eindruck nicht los, dass der Film in diesen Momenten eine sehr eigentümliche und sogar berührende Form emotionaler Wahrheit sucht und auch findet. Nach ein paar Minuten kehrt Van Damme dann als Deus ex Machina ins Actiongeschehen zurück. Die Handlung geht weiter, als wär nichts gewesen. „JCVD“ ist danach aber nicht mehr derselbe. EKKEHARD KNÖRER