Kino-Revival: Neue Leinwände für das Land

Mit dem "Universum" hat in Braunschweig ein traditionelles Lichtspielhaus wiedereröffnet. Dahinter steckt eine Gruppe von Filmenthusiasten - die daran glauben, dass auch ein Arthouse-Programm sich am Ende rechnen muss.

Erfolgreich Fördertöpfe angezapft: Die Braunschweiger bei der Eröffnung ihres Programmkinos. Bild: Dirk Alper

Der Kinomarkt steckt in einer Strukturkrise: Es wachsen kaum neue Kunden heran, weil die jungen Zuschauer zwar mindestens genauso scharf auf Produkte aus Hollywood sind wie ihre Eltern, sie diese aber mindestens so gern auf DVD oder dem Computer ansehen wie im abgedunkelten Kinosaal. So schließen immer mehr Kinos und selbst in Großstädten bleibt vielerorts nur ein Multiplex, in dem dann Stangenware angeboten wird.

Aber kaum ein Trend ohne entsprechende Gegenbewegungen: In Osnabrück gibt es seit ein paar Jahren mit dem "Cinema-Arthouse" ein Programmkino-Multiplex. Und in Braunschweig eröffnet derweil in dieser Woche ein vor einigen Jahren geschlossenes kleineres Kinos wieder neu.

Das "Universum" stellte 2006 seinen Spielbetrieb ein, und nachdem im Frühjahr dieses Jahres mit dem "City" auch noch das letzte Traditionskino der Stadt schloss, gab es auch hier nur noch ein Cinemaxx mit acht Leinwänden. Nun gibt es in Braunschweig allerdings auch eine Gemeinde von eingeschworenen Cineasten, die unter anderem das dortige internationale Filmfest durch allerlei Krisen geschippert haben, sodass es inzwischen zu den drei interessantesten Filmfestivals von Niedersachsen zählt. Dafür ist in erster Linie der künstlerische Leiter Volker Kufahl verantwortlich, der unter anderem keine Berührungsängste hatte und das Festivalprogramm schon seit Jahren zum größten Teil in den Sälen des Cinemaxx spielen lässt.

So ein Filmfest ist in einer Stadt wie Braunschweig durchaus ein Machtfaktor: Im Rathaus öffnen sich Türen, die irgendwelchen idealistischen Filmbegeisterten sicher verschlossen geblieben wären, es gibt Kontakte zu Sponsoren und Förderinstitutionen. Dies nutzte eine Gruppe von sechs Braunschweigern um Kufahl herum sehr geschickt aus: Sie schlossen sich zu "Gesellschaftern des Universum Filmtheaters" zusammen und ließen, ganz solide Geschäftsleute, zuerst eine Studie über die Wirtschaftlichkeit des Projekts anfertigen. Die war dann so ermutigend, dass diverse Fördertöpfe angezapft werden konnten. Die Stadt, die niedersächsische Filmförderung Nordmedia, der Hauptsponsor des Filmfests, Volkswagen Financial Services, und ein europäischer Strukturfonds sorgten für eine Anschubfinanzierung, sodass das ziemlich heruntergekommene Programmkino mit drei Sälen für etwa eine Million Euro umgebaut werden konnte. Seit 2003 wurde geplant, organisiert und schließlich auch gebaut - eine große Anstrengung der Gesellschafter, die abgesehen von Kufahl allesamt ehrenamtlich arbeiten und ansonsten als Schulleiter oder Grafikdesigner ihr Geld verdienen.

Dass da wie bei jedem Bau ständig Probleme und Krisen zu bewältigen waren, ließ Kufahl am Mittwochabend bei der feierlichen Einweihung erahnen. In seiner Ansprache sagte er, die bedrohlichsten Sätze seien für ihn inzwischen: "Wir haben noch genug Zeit!" und "Das ist gar kein Problem!" - auf beide sei regelmäßig das Chaos gefolgt.

Nun, nachdem alle Schwierigkeiten bewältigt scheinen, ist das neue "Universum" ein schmuckes kleines Programmkino mit zwei Sälen und einer Gastronomie mit dem sinnigen Namen "Abspann". Mit 220 alten und 84 neuen Sesseln, einer Klimaanlage, Digitalprojektion, viel Beinfreiheit und guter Sicht von allen Plätzen entspricht das "Universum" dem höheren Standard an Komfort - die Frage ist, ob die Braunschweiger es auch zu ihrem kleinen Arthouse-Kino machen: Etwa 52.000 BesucherInnen müssen jährlich hier Platz nehmen, damit sich das Haus wirtschaftlich trägt.

Gezeigt werden unabhängige, kleine Filme, europäische und deutsche Produktionen, von denen in den vergangenen Jahren nicht viele in Braunschweig zu sehen waren. Ein gutes Beispiel dafür ist der Eröffnungsfilm "Kleine Verbrechen" aus Griechenland, der aus den anderen Programmkinos in Norddeutschland inzwischen schon wieder verschwunden ist. Acht Vorstellungen pro Tag sind geplant, drei Filme plus Kinderprogramm werden geboten - das könnte klappen, wenn auch die Verleiher Zutrauen entwickeln und den nächsten Almodóvar oder Dresen im "Universum" spielen lassen. Und die Braunschweiger zu schätzen wissen, was da in ihrer Stadt wiedergeboren wurde.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.