New Wave Art Brut

JUGENDBEWEGUNG Mit Sprühschaum und Liebesperlen: Sebastiaan Schlicher feiert bei Klara Wallner mit seiner Ausstellung „BCBG“ Punkattitüden

„And if you don’t like it, you can get the fuck out of my house!“ Diese aggressiv formulierte Notiz konnte der 1975 geborene holländische Künstler Sebastiaan Schlicher noch jüngst mit schwarzem Filzstift auf einen Zettel gekritzelt unter seine Bilder kleben, die im Rahmen einer chaotischen Gruppenausstellung in der Heidestraße ausgestellt waren. Dabei wusste er wohl, dass düster-szenige Kunst aus seiner Generation ohnehin weggeht wie geschnitten Brot. Und kam sie rotzig daher, umso besser.

Auch seine neue Ausstellung „BCBG“ bei Klara Wallner kommt mit ihren über zwanzig, irgendwie asymmetrisch arrangierten Arbeiten ganz schön punkig rüber: Da wird nicht nur akademisch mit dem Pinsel die Leinwand beackert, auch eine passend zurechtgeschnittene Iso-Matte kriegt ordentlich Sprühschaum ab. Und mit was nicht alles der Künstler sonst noch so arbeitet: Alufolie, Liebesperlen und Original-Heroin vom Kottbusser Tor.

Seine Sujets sind ebenfalls keine Stimmungsmacher: Hier schaut ein kopffüßiges Alien aus seinen drei glühenden Augen in die Welt, einer anderen grauschwarzen Gestalt hat der Maler gleich die Augen leer gelassen. Der obsessive Gebrauch von Spinnennetzen, Chiffren und Sprachfetzen aus Religion und Heavy Metal erinnert in seiner betont ungelenken Zusammenstellung bisweilen an die berühmten Art-Brut-Werke aus der Prinzhorn-Sammlung oder von Jean-Michel Basquiat.

Die dominierenden Farbtöne Schwarz, Weiß und Silber und ein zackiges Neongelb in Gestalt einer hektisch steigenden und fallenden Börsen-Fieberkurve verleihen den Arbeiten einen Hauch von New Wave bis No Wave. Auch ein Original Knoll-Stuhl bekommt seine Parolen und Pentagramme ab. Videoarbeiten dokumentieren solide Teilhabe an einer Jugendbewegung, die sich mit elektrischen Gitarren an Zombie-Mythen berauscht, aber heute ebenfalls eher niedlich wirkt.

Das stärkste künstlerische Statement einer radikalen Autonomie bleibt so die als Auflagenobjekt gedachte Schwarzlichtlampe in schwarzer Fassung am schwarzen Kabel. Was die angedachte „Marktferne“ der neuen Werke des gewöhnlich auf Messen gut ausverkauften und auch gern im Voraus auf Warteliste bestellten Künstlers betrifft: Immerhin haben sie es aktuell in das Loft eines bedeutenden Berliner Sammlers geschafft, genau zwei Stockwerke entfernt von der Galerie. Es wäre keine Überraschung, wenn es ihm und ihnen in jenem Haus ganz gut gefiele. GUNNAR LÜTZOW

■ Sebastiaan Schlicher: BCBG, bis 31. 10. Klara Wallner Galerie Tempelhofer Ufer 36, 1.Hof, rechter Seitenflügel, 4. OG Di.–Sa. 12–18 Uhr