Tropical Islands Tristesse

QUALITÄTSWETTBEWERB Zum ersten Mal wurde der „Vattenfall-Fotopreis“ vergeben, Thema war „Energie“. Die ausgezeichneten Arbeiten können sich sehen lassen

Auf dem Feld der Kunst macht Vattenfall eine deutlich bessere Figur als auf dem der Energieerzeugung

Die Aufnahmen, die Constanze Vielgosz mit der Wärmebildkamera gemacht hat, erinnern an Bilder von Daniel Richter. Klar, ihre nächtlichen Szenen kennen nur eine Farbe: Rot. Doch dieses Rot strahlt aus sich heraus, in einer dramatischen Steigerung der Töne entsprechend der Wärmeintensität; es glüht, so wie Richters Neonfarben zu glühen scheinen. Und dann sind da die „Figuren“, wie eines ihrer Bilder heißt, die Jungmännergruppe, oder der Hund, zwar nicht so bedrohlich wie die Tölen, die Richters Figuren mit sich führen, aber ausreichend als assoziatives Motiv. Vielgosz’ Bilder scheinen, obwohl sie keine Leuchtkastenbilder sind, ihr eigenes Licht mitzubringen.

Das gilt auch für das ganz andere, fahle, nächtliche Licht in Kathleen Alischs Aufnahmen. Es scheint noch immer in den Abzügen drinzustecken, statt einfach abgelichtet zu sein. Inmitten endloser nächtlicher Schwärze rieselt es spärlich auf das bisschen Grün unter dem Mast einer Straßenlampe, oder es sickert aus einem Durchgang, wo es die Graffiti an der Wand erhellt, in den dunklen Hinterhof, wo die Finsternis es schlagartig verschluckt.

Kathleen Alisch belegte nun mit ihrer Serie „Abysmal“ den 1. Platz beim „Vattenfall Fotopreis“, der an Künstler vergeben wird, die ein Studium oder eine Ausbildung im Bereich Fotografie absolvieren oder abgeschlossen haben und nicht älter als 35 Jahre sind. Constanze Vielgosz teilte sich den dritten Preis mit Sandra Krause Gomez. Die Meisterschülerin von Gregor Schneider an der UdK hat im Modell einen überdimensionierten Kühlschrank in einen holzverkleideten Raum gestellt. Das schaut dann so aus, als ob ein Kühlschrank in der Sauna stünde. Steffen Roth erreichte mit seiner Bildreportage über „Tropical Islands“ in der ehemaligen Cargolifterhalle in Halbe den 2. Platz, Samuel Henne erhielt den 1. Preis für das beste Einzelfoto.

Der Vattenfall Fotopreis ist nagelneu und wurde in diesem Jahr erstmals verliehen. Die eingereichten Arbeiten sind von erstaunlich hohem Niveau. Das liegt sicher an den ausgelobten Preisgeldern von insgesamt 42.000 Euro, die es reizvoll machen, sich um diesen Fotopreis zu bewerben, der damit einer der höchstdotierten seiner Art ist. Sicher liegt es auch an der Jury, in der sich – neben Rainer Knauber, dem Leiter Politik und Gesellschaft, und Hanna Marie Ebert, Kuratorin der Sammlung Vattenfall – mit Ingo Taubhorn von den Hamburger Deichtorhallen, der Fotografenlegende Robert Lebeck und Stefan Erfurth von C/O Berlin ausgewiesene Kenner des Metiers fanden. Und vielleicht lag es sogar an der klaren Vorgabe, eine erzählerische Serie von acht bis zehn Fotografien zum Thema „Energie“ einzureichen.

Nicht gerade originell für einen Energiekonzern, diese Themenstellung. Doch recht besehen, ist sie sogar riskant, schließlich könnte der Eindruck entstehen, Vattenfall suche auf diesem Weg seine zukünftigen Werbebilder. Doch dieser Befürchtung leistete der Preisvergabe keinen Vorschub, am wenigsten mit Steffen Roth, der die Tristesse des Brandenburger Tropenparadieses ohne viel Aufhebens in Serie zeigte. Seinen Bildern nach ist „Tropical Islands“ in jeder Hinsicht Energieverschwendung.

Im Bereich der Kulturförderung (der seit 1992 ausgelobte Kunstpreis „Vattenfall Contemporary“ ging in diesem Jahr an den Videokünstler Julian Rosefeldt) macht der schwedische Strom- und Wärmeerzeuger also eine sehr viel bessere Figur als im Bereich der Energiewirtschaft, besonders was die Kernkraft betrifft. Das freilich verwundert nicht weiter, zeigen doch die Erfahrungen der jüngsten Zeit, dass dort, wo ein Konzern kein Geld zu verschenken hat – anders als dort, wo er das tut –, besser nicht mit sachorientierter Sorgfalt gerechnet werden sollte. Rendite meint eben das ziemlich genaue Gegenteil von Qualitätswettbewerb. Dafür, dass diese Sache im Unternehmensbereich nicht ganz in Vergessenheit gerät, steht inzwischen, so scheint es, die Kunst.

BRIGITTE WERNEBURG

■ Zu sehen in der Holding von Vattenfall Europe, Chausseestraße 23