Die Dinge sind, wie sie schienen

ARBEITSTEILUNG Die Band Zoot Woman und Stuart Price

■ Der Musiker: 1977 in Paris geboren, lebt heute in London. Sein erstes Projekt Les Rythmes Digital ist stark von French House beeinflusst. Der Durchbruch gelingt ihm 2001 mit Zoot Woman.

■ Der Produzent: Stuart Price ist maßgeblich für den tanzbaren Teil des Mainstreampops verantwortlich. Madonna, The Killers, Seal, die Scissor Sisters – weltweit ist er als Popproduzent gefragt.

■ Der Remixer: Hits von Britney Spears, Gwen Stefani, Goldfrapp, No Doubt, Beck und so weiter hat Price tanzflurtauglich weiterentwickelt, unter verschiedenen Namen: Man With Guitar, Jacques Lu Cont, Pour Homme. Madonna taufte ihn Thin White Duke.

Sechs Jahre musste die Popwelt warten, bis es endlich etwas Neues zu hören gibt von Zoot Woman, der britischen Band mit den schnittigen Elektro-Synthpop-Songs. Sechs lange Jahre, in denen das Erscheinen eines nächsten Albums immer wieder verschoben wurde. Am Freitag erscheint das neue Zoot-Woman-Album nun. Es heißt: „Things Are What They Used To Be“. Einfach so. Als wäre nichts gewesen.

Zoot Woman sind schon eine merkwürdige Band. Bei einem Festival in Berlin vor kurzem war ihr Auftritt ein Highlight: Stylisch, schick und smart spielte das Trio ein umjubeltes Set. Neue Songs und alte Hits fügten sich zu einem funkelnden, tanzbaren Ganzen. Nur, Gründungsmitglied und Mastermind Stuart Price war gar nicht dabei, sondern befand sich in London im Studio. So läuft das oft bei Zoot Woman. Dabei denkt man doch, das Highlight einer Band ist die gemeinsam verbrachte Zeit, die Biere und die Konzerte – oder nicht?

Das zweite Standbein

Stuart Price lacht. „Klar! Mir fehlt das Konzerterlebnis sehr. Aber leider muss ich sagen, auch wenn es spießig klingt: Der Terminplan erlaubt mir das zurzeit nicht.“ Zum Interview erscheint der schlaksige 31-jährige Engländer mit den schwarzen, kurzen Haaren und dem gewinnenden Lachen dann aber doch, trotz seiner Musikproduzententätigkeit. Während Zoot Woman nur einer gewissen Szene bekannt sind und von Plattenverkäufen keine großen Sprünge machen können, spielen die anderen Auftraggeber von Stuart Price ganz, ganz oben mit.

Zurzeit ist er mit den Scissor Sisters im Studio, um deren drittes Album in Form zu gießen. Davor war er für das letzte Album von Heidi-Klum-Gatten Seal und der dazugehörigen Welttournee zuständig. Den Killers verpasste er auf „Day And Age“ ein neues Soundgewand. Und „Confessions On A Dance Floor“, Madonnas wahnsinnig erfolgreiches Disco-Album von 2005 inklusive dem Riesenhit „Hung Up“ (der mit dem Abba-Sample) – das alles ging durch seine Hände.

Johnny Blake hat eine hohe Stimme, die von Verlust erzählt und versagter Liebe

„Zoot Woman ist das Erste, was ich musikalisch jemals gemacht habe“, sagt er, „und es wird definitiv auch das letzte sein.“ Auf Gedankenspiele von Fans und Presse angesprochen, die Band könne sich bei seinen ganzen Nebenaktivitäten vielleicht auseinanderleben, lacht er wie über einen Witz. „Ja, ich dachte erst auch, wir könnten es vielleicht in drei Jahren schaffen.“ Kein Zweifel daran, dass Zoot Woman nie zur Diskussion stand. Schlagzeuger Adam Blake und Stuart sind seit dem Kindergarten beste Freunde, Sänger Johnny ist Adams Bruder.

Irgendwann entschieden sich die drei zur Arbeitsteilung: Die Blakes fahren durch die Gegend, trinken Bier und spielen Konzerte, Stuart produziert. Wenn Platz ist in seinem Terminkalender, wird geprobt. „Adam und Johnny mögen es, wenn ich von einer Produktion zurückkomme, weil ich Inspiration aus anderen Musikrichtungen mitbringe. Andersherum funktioniert das genauso: Ohne Zoot Woman hätte ich Madonna ganz anders produziert. Ich mag die Kombinationsmöglichkeit von Ideen. Letztendlich ist ja alles Pop.“

So gesehen ergibt der Albumtitel „Things Are What They Used To Be“ dann doch Sinn. Die Musik klingt erstaunlich wenig nach Zeitgeist, anders als die letzten Alben „Living In A Magazine“ (2001) und „Zoot Woman“ (2003). Die Synthieflächen sind cheesier, die Sounds generell sauberer und weicher. Johnny Blakes hohe Stimme erzählt von Einsamkeit, Verlust und versagter Liebe. Die Musik ist melancholisch wie eh und je.

Singen statt reden

Zurzeit ist Stuart Price mit den Scissor Sisters im Studio und produziert ihr drittes Album

„Johnny ist ein schräger Typ. Man weiß nie genau, wo er gerade ist, auch wenn er neben dir sitzt. Über seine Beziehungen spricht er nicht viel, darüber schreibt er Songs.“ Zoot Woman haben gelernt, dass man auch tanzen gehen kann, wenn man melancholisch drauf ist. Mehr denn je dominieren die tanzbaren Songs mit dicker Bassdrum.

Beim Konzert in Berlin funktionierte das wunderbar: Als der Titelsong zum House-Kracher mutierte, war der Saal auf den Beinen. Was sind schon sechs Jahre?

■ Zoot Woman: „Things Are What They Used To Be“ (Snowhite/Universal)