MESSEGETÖSE
: Kunst hinterfragen

Verdammt vieles ist eins zu eins

„I am the editor of my own downfall“, hat Douglas Gordon in die Wand einer Messekoje auf dem Art-Forum ritzen lassen. Und zwar so, dass es sich liest, als würden die BetrachterInnen hinter den Worten stehen. Mühselig entziffere ich die traurige Botschaft. Gut, dann bin ich halt schuld an meinem Unglück. Ich und niemand anderes. Oder muss ich nun das hinterfragen, was ich bereits von hinten gelesen und um 90 Grad gedreht gedacht habe, um dem neoliberalen Gedankenspeck zu entfliehen? Das „Come on you can do it“, das aus einem Bild von Bjarne Melgaard rausknallt, verschlimmert meine Stimmung nur noch. Langsam rutscht mir der Kopf zwischen die Schultern, während ich an Kris Martins „The End“ aus Rentiergeweihen vorbei schleiche. Nicht mal mehr Weihnachten? Ich fühle mich schuldig. Keine eigenen Kinder, keine Not Weihnachten zu zelebrieren. Ökologische Aspekte mal ganz dahin gestellt. Natürlich fliege ich ein paar mal im Jahr aus Neugier durch die Weltgeschichte, um andere Kulturen wenigstens im Ansatz zu begreifen und etwas davon vermitteln zu können. Alles falsch? Da kann mich nicht mal die riesige Keule von Gardar Eide Einarsson auf der das Wort „Kunst“ geprägt wurde, in bessere oder zumindest wütende Stimmung versetzen. Wohl gerade, weil diese unsägliche Kunstkeule das Treiben während des Messegetöses derzeit eigentlich ganz gut trifft. So verdammt vieles ist schlicht eins zu eins. Und auch auf der Black Metal Messe von Martin Eder alias „Ruin“ im Berghain herrscht Donnerstagnacht emotionaler Totentanz. Während die Mitglieder eines Solistenensembles leidenschaftlich ihre Instrumente bearbeiten, Bürgerlichkeit vom Gitarre spielenden Tod (Martin Eder) dekonstruiert und nicht humorfrei vorgeführt wird, verebbt jeglicher körplicher Aspekt im Konzept. Aber Leidenschaft als Kopfgeburt? Das ist traurig.

MEIKE JANSEN