MOORD UN DOOTSLAGHANNES NYGAARD, NIEDERSACHSEN MAFIA
: Von Chauvis und einer Idiotin

Kommissarin Frauke Dobermann verhält sich so dermaßen idiotisch, dass Mitfiebern unmöglich wird

Das Marketing mancher Verlage hat dem Regionalkrimi zu einiger Verbreitung verholfen – und zu einem zweifelhaften Ruf. Sind Regionalkrimis wirklich so provinziell? Das will diese Serie in loser Folge ergründen.

Putensenf, Putensenf, Putensenf. Diesen Ohrwurm beschert Hannes Nygaards neuer Krimi „Niedersachsen Mafia“. So heißt nämlich der nervend chauvinistische Kriminalhauptmeister im zweiten Fall von Kommissarin Frauke Dobermann. Und das Wort Putensenf wirkt beim Lesen schnell wie eine laut tickende Uhr. Einmal das Tick-tack-tick-tack gehört, werden alle anderen Geräusche ausgeblendet.

Einen solchen Effekt hat ein Name wie Putensenf, der vermutlich nur gewählt wurde, damit Kommissarin Dobermann, die in ihrem ersten Fall „Mord an der Leine“ zum LKA Hannover strafversetzt wurde und gegen das organisierte Verbrechen zu ermitteln beginnt, ihren Kollegen Pute nennen kann. Aber sei es drum.

Im aktuellen Fall gehen die Ermittlungen gegen das organisierte Verbrechen in Hannover jedenfalls weiter und, so will es der Klappentext, „Frauke Dobermann wird zur Todfeindin der ‚Organisation‘ erklärt und auf die Todesliste gesetzt. Aber sie lässt sich dadurch nicht aufhalten: Unter ständiger Lebensgefahr dringt sie weiter in die Machenschaften der ‚Organisation‘ vor.“ Leider kann das Buch dann nicht halten, was der Klappentext verspricht.

Dabei ist der Plot nicht übel: Es geht um Geldwäsche und den Handel mit gefälschten Arzneien. Dobermann und ihr Ermittlungsteam spüren in mühseliger Kleinarbeit die Rädchen im System auf, wie einen Rentner, der gefälschte Viagra-Pillen verkauft, und arbeiten sich so immer näher an die Männer heran, die die Fäden in der Hand halten. Die Spuren führen über „gefakte“ Gemüsetransporte nach Russland und natürlich ins Heimatland der Mafia, nach Italien. Aber vor allem Dobermann verhält sich so idiotisch, dass Mitfiebern unmöglich wird.

Ein Beispiel: Dobermann bekommt per Telefon eine Morddrohung und weil sie nicht will, dass Putensenf denkt, sie sei als Frau ungeeignet für den Polizeijob, verheimlicht sie den Anruf. Selbst dann noch als ihr neuer Nachbar vor ihrem Haus erschossen wird und in ihren Armen stirbt. Und noch ein Beispiel: Dobermann läuft auf der Flucht vor zwei Verfolgern einer Gruppe Harley-Fahrer in die Arme, wird von Georg gerettet, der sie auf seinem Motorrad zu sich nach Hause fährt. Dort flößt ihr der geheimnisvolle Georg, der seinen wahren Namen nicht nennen will, mit einem guten Glas Rotwein ein Schlafmittel ein, sie übernachtet also bei ihm und am nächsten Morgen fällt ihr nichts besseres ein, als mit ihm zu frühstücken und sich zum Abendessen zu verabreden.

Unverständlich, warum Nygaard seine Figuren so dumme Dinge tun lässt. Denn der ehemalige Unternehmensberater hat mit „Tatort - Borowski und die einsamen Herzen“ oder seinem Kieler Ermittler Lüder Lüders bereits bewiesen, dass er es auch anders kann. Aber „Niedersachsen Mafia“ endet leider so, dass klar ist: Dobermann bekommt einen dritten Fall. ILKA KREUTZTRÄGER

Hannes Nygaard, Niedersachsen Mafia, Emons, 240 S., 9,90 Euro