MEISTER UND LEHRLING
: Unter Beobachtung

„Fahrense ma nich durch die Stadt heute“

Wieder kam ein Befehl aus China. Nachdem es in kurzer Zeit den Flachbildschirm und den DVD-Spieler getroffen hatte, war es diesmal die Waschmaschine. Natürlich war es die „Elektronik“. Der Kundendienst – die Waschmaschine stammte aus einem dieser altmodischen Bestellhäuser – ließ sich Zeit und gab dann eine Ankunftsuhrzeit an, die irgendwo zwischen Dienstbeginn und Dienstende lag. Also, aus ihrer Sicht. Also zwischen acht Uhr früh und irgendwann gegen vier. Wir hatten dann Glück, dass sie gegen Mittag anrückten.

Man fühlt sich ja immer gleich so schmutzig, wenn Handwerker kommen, übrigens immer in der Kombi: Meister und Lehrling, dabei naturgemäß höchst fachidiotisch unterwegs und mit unwidersprechbaren Sprengseln von Smalltalk ausgestattet („Fahrense ma nich durch die Stadt heute, ist alles zu“). Schmutzig fühlt man sich, weil man selbst noch nicht lang wach war und erst gerade mit Kaffee am Schreibtisch Platz genommen hatte. Und diese 8-bis-4-Arbeiter einem dann so ins Leben gucken können. Und vermutlich denken: Ah, ewiger Student mit Lotterleben! Was im Grunde ja auch so ist. Zum Glück.

Jedenfalls, die beiden Reparateure räumten die Maschine ab und machten sich ans Werk. Mitbewohner und ich saßen in der Küche und warteten. Mitbewohner erzählte, dass es gar nicht normal war, dass Waschmaschinen Fenster haben. Das war ursprünglich nur ein Verkaufsgag. Allerdings ein sehr erfolgreicher. Ich überlegte eine psychologische Theorie dazu, mir fiel aber keine ein. Stattdessen sagte ich, dass mein Vater als Elektromechaniker altherkömmliche Maschinen noch hätte reparieren können, bei der neuen Elektronik aber machtlos sei. Wie die Kundendienstmänner hier eigentlich auch. Aber die hatten einfach eine neue eingebaut und dann die Rechnung präsentiert. Sie belief sich auf 300 Euro.

RENÉ HAMANN