Schalom Aleikum, my dear

MULTIKULTI In „Alles Koscher“ von Josh Appignanesi mischt der britisch/iranische Komiker Omid Djalili die Ethnien auf, indem er einen Moslem spielt, der plötzlich zum Juden wird

Die Auslotungen der Vielzahl rassistischer Klischees sind es, die „The Infidel“ (so der englische Originaltitel) so interessant machen

VON WILFRIED HIPPEN

Wie ist das mit der Nase? Im Kontext des Jüdischen sollte sie besser überhaupt nicht erwähnt werden, aber wenn man plötzlich selber zum auserwählten Volk gehört, schaut man sie sich im Spiegel doch etwas genauer an. Genau solche Auslotungen der rassistischen Klischees sind es, die „The Infidel“ (so der Originaltitel) so interessant machen. In der Komödie stellt Mahmud Nasir, ein moderner britischer Pakistani, der flucht und selten in die Moschee geht, sich aber selber als einen gläubigen Moslem sieht, nach dem Tod seiner Mutter fest, dass er adoptiert wurde und seine leiblichen Eltern Juden waren.

Ein umgekehrter Fall ist ja gerade aktuell: Der dänische Filmemacher Lars von Trier dachte sein bisheriges Leben lang, sein Vater sei Jude, bis er vor kurzem erfuhr, er sei nicht nur das Kind eines Deutschen, sondern sein Erzeuger sei auch noch ein Nazi gewesen. Von Triers politisch höchst unkorrekten Flapsigkeiten in Cannes sind wohl auch dieser existentiellen Verunsicherung geschuldet.

Der Taxifahrer Mahmud fällt ebenfalls schnell unangenehm auf. Er erzählt zwar niemandem in seiner Familie von seiner genetischen Konvertierung, stellt sich, seine Meinungen und Attitüden aber grundsätzlich infrage und kommt so natürlich in Schwierigkeiten. Vor allem weil sein Sohn unbedingt die Tochter eines fundamentalistischen Hasspredigers heiraten will, und dieser nur die Zustimmung dazu gibt, wenn er die Familie des Bräutigams für koscher hält (obwohl er es natürlich nie so sagen würde).

Auf der Suche nach seinen wahren Eltern kommt Mahmud zudem bald in orthodox jüdische Kreise und ausgerechnet sein verhasster jüdische Nachbar muss ihm schließlich die Grundlagen jüdischer Etikette beibringen. Bald ist er bei den einen als Ungläubiger und bei den anderen als Antisemit verschrien und es bedarf einer ausgefuchsten Komödien-Dramaturgie, um Mahmud am Ende mit der Welt und diese mit ihm zu versöhnen.

Zugleich die Stärke und das Problem von „Alles Koscher“ liegen in der Besetzung der Hauptrolle durch den britischen Komiker Omid Djalili. Dieser beherrscht den Film durch seine Intensivität und sein komisches Talent (nicht umsonst stand in der taz vom Samstag ein Interview mit ihm, in dem der Regisseur des Films nicht einmal erwähnt wurde), aber dadurch, dass hier ein schlagfertiges Schlitzohr ständig knapp aus der Bredouille entkommt, ist der Film zwar sehr komisch, aber auch ein wenig zu harmlos, um ein wirklich großer Wurf zu sein.

In Deutschland kommt er zudem nur ein paar Wochen nach der viel radikaleren Satire „Four Lions“ über eine Gruppe von dusseligen Selbstmordattentätern in die Kinos, und im Vergleich lässt schon der deutsche Verleihtitel ahnen, dass „Alles Koscher“ eher das Leichtgewicht ist. Ohmid „the funniest Iranian since Ajatholla Khomeini“ Djalili hat selber viele pointierte Witze über das Thema gemacht, aber im Kino ließ er sich gerade diesen Schneid von dem britischen Radio- und TV-Satiristen Chris Morris abkaufen. Oi, weh!