Rihanna-Konzert in Leipzig: Im rosaroten Panzer zur Showschlacht

RnB-Star Rihanna zeigt in der Leipziger Arena eine spektakuläre Show und ihren Körper den Massen. Mögliche Gesellschaftskritik geht im Bühnennebel unter.

Rihanna: viel nackte Haut, familienfreundlich in eine große Party verpackt. Bild: dpa

Wenn es hier um irgendwas geht, dann um Sex. Um den perfekten Model-Körper, um nackte Haut, familienfreundlich in eine große Party verpackt. Rihanna, weltberühmte Sängerin aus Barbados und gerade auf Welttournee, fährt alles auf, was eine große Popshow braucht. Da würde selbst Thomas Gottschalk, der nur ein paar Kilometer weiter zeitgleich für Unterhaltung sorgt, nicht schlecht staunen.

In bester Samstagabendshowmanier leuchtet die Bühne in der Leipziger Arena, hüpfen bunt gekleidete Tänzer fröhlich und synchron herum. Ein langhaariger Typ spielt E-Gitarren-Solis mit fetten Beats unterlegt, auf den sechs Leinwänden erscheinen Kussmünder, Kriegsszenarien oder wahlweise Rihannas Konterfei.

Sie selbst kommt und geht. Auf immer verschiedenen Wegen verschwindet die 23-jährige Sängerin im Boden, fährt in einer Kugel auf die Bühne, um darin hochzufliegen, haut plötzlich mitten im Publikum auf ein Schlagzeug oder räkelt sich am Bühnenrand. Bei all dem hat sie meistens nicht mehr an als einen Bikini, den aber wechselt sie des Öfteren. Trägt sie in der knapp zweistündigen Show mal ein langes Kleid oder einen Anzug, dauert es nicht lange, bis einer der sie Umtanzenden ihn ihr vom Leibe reißt. Oder sie macht es gleich selbst. Greift sich mindestens genauso oft in den Schritt wie Michael Jackson zu Lebzeiten, lässt sich von schwarzgelederten Spielgefährten fesseln, holt ein ahnungsloses Mädchen aus dem Publikum auf die Bühne, um dort softpornogleich über sie herzufallen, fremde Hände an die eigene Brust führend, bevor sie gemeinsam im Boden versinken.

Die lässt sich nicht lumpen

Eine Frau, die bislang über 30 Millionen Alben verkauft hat, lässt sich nicht lumpen. Im rosaroten Panzer kommt der RnB-Popstar wieder auf die Bühne, alle Tänzer nun mit Armeeuniformen bekleidet, die nur entscheidende Körperstellen bedecken. Hier in der gut gelaunten Samstagabendwelt kann auch Krieg sexy sein. Das Kanonenrohr pumpt Dampf in die Masse, die Leinwand zeigt Bilder von Straßenkämpfen, dann wieder Rihanna, die singt: "Yeah, yeah, Im so hard".

Sollte irgendwas davon in Richtung Gesellschaftskritik gehen, kommt die Botschaft nicht an. Wenn die Unicef- und gerne auch mal Charity-Aktionen-Unterstützerin zwischen den Songs etwas zu sagen hat, dann vor allem das Wort des Abends: "Leeeiiiiipzig!" Darauf folgt Gejohle aus über 12.000 Mündern. Rihanna springt von der Bühne, schüttelt Hände, lässt sich umarmen. Das Publikum ist begeistert.

Hauptsache sexy

Viele sind mit ihrer Familie hier, vorpubertäre Jungs und Mädchen dürften an diesem Abend ihre erste Konzerterfahrung machen, mit Mama und Papa. Am Eingang bietet eine Kosmetikfirma "free Rihanna tattoos" an, die eifrige Mitarbeiterinnen den Fans in Bravo-Extra-Stil auf ihre Unterarme rubbeln. Daneben kann man ein bearbeitetes Foto von sich und Rihanna schießen lassen.

Draußen gibts Rostbratwurst, Flaschensammler krauchen den Hineindrängenden im Weg herum. Volksfeststimmung. Pärchen sind gekommen, beste Freundinnen, fast mehr noch als Männergruppen, Jungs mit akkurat gegelten Iros stehen in der ersten Reihe. Die meisten können die Lieder mitsingen. Hits wie "Umbrella", "Rude Boy", "Only girl (in the world)". Rihannas Karriere umfasst einige weltweite Nr.-1-Hits, "Loud" ist ihr aktuelles und fünftes Album, die Tour dazu wohl ihre visuell spektakulärste.

War ihre letzte Tournee noch von den Vorfällen mit ihrem Exfreund Chris Brown geprägt, der sie schlug, was die Presse ausschlachtete und die Künstlerin in Bühnenbildern wie zerquetschten Herzen thematisierte, scheint heute mehr denn je der spektakuläre Spaß im Vordergrund zu stehen. Hauptsache sexy. Und dass sie zwei Shows wegen Grippe absagen musste, ist egal. The show must go on.

Rihanna gibt alles, räkelt sich inzwischen auf einem Piano, das in der Luft hängt. Bei alldem singt sie auch. Das kann sie, das hat die vierfache Grammy-Gewinnerin unter anderem in Zusammenarbeiten mit Lady Gaga, Justin Timberlake oder zuletzt Coldplay bewiesen. Und das klingt auch live nicht schlecht. Nur dass es niemanden interessiert. Jedenfalls nicht so stark wie ihre nackten, langen Beine.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.