Arbeit ist 7 Uhr 30
: Die Maler waren da

„Wir müssen überall gleichzeitig hin“, sagt der Schnurrbart

Freitagmorgen, pünktlich um halb acht klingeln zwei dicke ältere atemlose Männer an unserer Tür. Die Fensterrahmen mussten nämlich gestrichen werden. Von innen muss man das selber machen, aber von außen kümmert sich die Hausverwaltung. Sagt mein Freund. Seit sechs Jahren wollte ich das machen lassen.

Ein Maler hat Schnurrbart, der andere nicht. „Weiter oben könn’ Se nich wohnen, wa?“, keucht der rasierte. Dann schleppen sie eine Schleifmaschine, verschiedene Eimer mit Farbe, dazu Pinsel, Klebepistolen und Abdeckplanen in die Wohnung. Schließlich begutachten sie die Fensterrahmen und stellen fest: „Die sehn ja ma richtig scheiße aus.“

„Wo müssen Sie denn zuerst hin?“, frage ich. „Wir müssen überall gleichzeitig hin“, sagt der Schnurrbart, „und das den ganzen Tag.“ „Mein Freund schläft nämlich noch“, sage ich, „Der hat gestern den ganzen Tag gearbeitet.“ – „Klar. Lassen Se’n pennen. Wir machen erst mal die andern Zimmer.“

Zwei Stunden später sitzen die beiden mit dampfenden Kaffeetassen auf dem Balkon. „Watt arbeitet denn der arme Kerl, dass er so fertig ist?“, fragt der Schnurrbart, aus dem der Milchkaffee tropft. „Er arbeitet in so einem kulturwissenschaftlichen Institut“, versuche ich zu erklären. Die Maler gucken mich an. „Nein, watt der arbeitet“, wiederholt der rasierte Maler, als wäre ich ein bisschen geisteskrank. „Soll ick den wecken?“, grinst der Schnurrbart, „denn schläft der nich mehr ein!“

Es ist beeindruckend zu sehen, wie die beiden arbeiten. Sie machen die ganze Zeit über Pause, aber am Ende des Tages sind alle Fenster fertig. „Sie wissen schon“, sagt der Schnurrbart zum Abschied, „dass sie jetzt innerhalb von vier Wochen die restlichen Fensterrahmen von innen machen müssen?“ „Was?!“ „Hihi“, freut sich der Schnurrbart, „der kommt immer wieder jut!“

LEA STREISAND