15 Umzüge und eine feste Stelle

KOMÖDIE In „3 Zimmer/Küche/Bad“ erzählen Dietrich und Anna Brüggemann von acht Freunden aus der Generation Praktikum und ihren ständig wechselnden Wohnungen

Brüggemann findet genau den Ton, der unter einer Gruppe von nicht mehr ganz jungen, aber auch noch nicht erwachsenen Berlinern herrscht

VON WILFRIED HIPPEN

„Kannst du mir mal sagen, was unsere Beziehung für dich bedeutet?“

Den Satz kennt jeder im Publikum, doch lachen können über ihn nur die Frauen. Denn natürlich wird er von ihr ausgesprochen, natürlich findet er keine gute Antwort darauf, und natürlich kann sie danach sowohl die Beziehung beenden wie auch Recht behalten.

Es gibt viele von diesen Momenten in „3 Zimmer/Küche/Bad“, bei denen man „genauso ist es“ sagen möchte, weil Dietrich Brüggemann und seine Schwester Anna, mit der zusammen er das Drehbuch schrieb, so genau den Ton finden, der unter einer Gruppe von nicht mehr ganz jungen, aber auch noch nicht erwachsenen Berlinern herrscht.

Die acht Protagonisten leben im Laufe eines Jahres in verschiedenen Wohngemeinschaften, verlieben und trennen sich, strampeln sich in Praktika, Aushilfsjobs oder mit vereinzelten Arbeitsaufträgen ab und scheinen deshalb ständig umzuziehen.

Das ist sehr akkurat und zum teil auch witzig von der Innenperspektive aus erzählt. Man spürt, dass die Brüggemanns erlebt haben, wovon sie da erzählen, und so ist es nur konsequent, wenn Anna auch eine der Hauptrollen spielt.

Und sie hat es sich mit der Rolle der Dina nicht leicht gemacht, dann diese ist eine der widersprüchlichen und letztlich unsympathischen Figuren des Films. Die schöne WG-Prinzessin nimmt es als gegeben hin, dass sich alle Männer über kurz oder lang in sie verlieben, ist ständig von einer enervierend guten Laune und bekommt als typisch passiv-aggressiver Charakter letztlich immer was sie will. Sie schnappt ihrer frisch verliebten Freundin Wiebke den Freund weg, einfach weil sie es kann und sie hält sich den gutmütigen Philipp als einen platonischen besten Freund, den sie immer anrufen kann, obwohl sie genau weiß, dass er hoffnungslos in sie verliebt ist.

Im Grunde ist die Besetzung des Beziehungsreigens also ganz konventionell: es gibt einen Don Juan, ein hässliches Entlein, eine Depressive, einen Phlegmatiker, ein Nesthäkchen und und eine vernünftige große Schwester. Und es gibt natürlich auch noch Eltern, die an einigen Wochenenden, auf jeden Fall aber zu Weihnachten besucht werden.

Bei den Familienszenen dreht der Film immer leicht in Richtung Loriot-Sketch ab. So spielen Herbert Knaup und Leslie Malton eher die Parodie eines westdeutschen Wohlstandspaares und ein anderes Elternpaar sorgt für das große Drama, wenn es plötzlich vor den drei Kindern verkündet, es habe nur ihnen zuliebe so lange zusammengelebt und würde sich nun endlich scheiden lassen.

Dies sorgt für komische Verwicklungen, wenn die von Corinna Harfouch gespielte Mutter plötzlich in Berlin auftaucht und in eine der vielen WGs einzieht. Die Beziehungen der Elterngeneration waren also schon ähnlich chaotisch, und so kommt es sogar soweit, dass in einer späteren, allerdings zu konstruierten Episode zwei von den Protagonisten, die eine kurze Liebesbeziehung miteinander hatten, herausfinden, dass sie den gleichen verlorenen gegangenen Vater haben. Statt einer klassischen Tragödie gibt es da nur noch einen trockenen Spruch und der Inzest ist vergessen.

Auf die Wirkung solcher witzigen Oneliner verlassen sich die Filmemacher ein wenig zu oft. So bewegt sich ihr Film manchmal sehr nah am Rand zur Sitcom. Und auch sonst gibt es ein paar unbeholfene Versuche, den Film witziger zu machen. So muss einer der Protagonisten bei einem Dialog auf fahrenden Fahrrädern (die hier oft verwendete Lieblingseinstellung des Regisseurs) gleich mehrmals die Balance auf einem Kinderfahrrad verlieren und genau zur Pointe nach links aus der Einstellung purzeln.

„3 Zimmer/Küche/Bad“ ist mit 118 Minuten eindeutig zu lang geraten. Langsam verliert man dann doch das Interesse daran, wer warum wo mit wem zusammenzieht, und man kann und mag die verschiedenen Wohnungen und Beziehungsverflechtungen nicht mehr auseinanderhalten. Ein paar Umzüge weniger hätten es auch getan.