Kopulieren in der Hofburg

KULTURKAMPF Streit über Wienwoche: FPÖ wittert Verunglimpfung von Burschenschaftlern durch Grüne

Allerdings, so Klaus Werner-Lobo, Kultursprecher der Grünen, mische sich die Partei bei der Planung von „Migrazija-yeah- yeah …“ nicht ein

Aufregung in Wien: Zum „(Natur-)Sektempfang der globalen perversen Elite“ am 12. September lädt ein „Wiener Kopulationsring“ in die Hofburg. Beworben wird das Event mit Fotos von grell geschminkten und schrill gewandeten Personen, offenbar queerer Zuordnung. Die Veranstaltung bildet den Auftakt der mit öffentlichen Mitteln geförderten Wienwoche. Die einstige Kaiserresidenz sei „der geeignete Platz“ für eine solche Veranstaltung, „solange der WKR-Ball in der Hofburg stattfindet,“ sagte Can Gülcü vom Leitungsteam der Wienwoche.

Der WKR-Ball (Wiener Korporationsring) ist die Festveranstaltung von deutschnationalen und schlagenden Burschenschaften, die jedes Jahr im Karneval als Stelldichein der europäischen Rechtsextremen dient und gelegentlich ausufernde Gegendemonstrationen provoziert.

Die Wienwoche, das Kulturfestival der Wiener Grünen, findet dieses Jahr zum dritten Mal statt. Seit die Grünen als Juniorpartner der SPÖ in der Hauptstadt mitregieren, haben sie Anspruch auf die Finanzierung einer großen Kulturveranstaltung. Der Stadtrat hat 453.000 Euro genehmigt.

Allerdings, so Klaus Werner-Lobo, Kultursprecher der Grünen, mische sich die Partei bei der Planung nicht ein. Sie lasse das unabhängige Leitungsteam frei agieren. Das glaubt hingegen FPÖ-Kultursprecher Gerald Ebinger nicht. Die ganze Veranstaltung entspringe „dem geheimen Wunsch der Grünen, einmal selbst einen Ball zu veranstalten und nicht nur im Kreise der teils gewaltbereiten und gewalttätigen Gegendemonstranten mitzumarschieren“.

Der „Kopulationsring“, so stellt Gülcü auf Anfrage klar, sei eine temporär existierende Vereinigung queerer Aktivisten, mit und ohne Migrationshintergrund. „Die Botschaft der Perversen Initiative,“ heißt es im Aufruf zur Veranstaltung für diesen Freitag, „ist unmissverständlich: Akademikerball ist Leberkäse – pride means resistance! Schließen Sie sich den Perversen an und feiern Sie mit!“

An Direktheit lässt die Veranstaltung also nichts zu wünschen übrig. Ob man sich vor allem aber auch etwas albern selber feiert, sei dahingestellt. Die Wienwoche steht unter dem Generalmotto „Migrazija-yeah-yeah …“ und soll nicht zuletzt auch jene anziehen, die sich von Fremden bedroht fühlen. „Das Thema ist heiß“, sagt Radostina Patulova vom Leitungsteam. Die Veranstaltungen, die bei freiem Eintritt zugänglich sind, würden sich an alle Wiener, ob mit oder Migrationshintergrund, richten.

Ob sich allerdings die rechtsgerichtete Klientel der FPÖ davon angesprochen fühlt, darf bezweifelt werden. Die Rechtsextremen wurden mit 25,8 Prozent der Stimmen bei den letzten Gemeinderatswahlen hinter der SPÖ (44,3 Prozent) die zweitstärkste Kraft. Tatsächlich klingt viel aktivistisch Gutgemeintes arg platt und albern. Nach einem „Love Migration Speeddating“ folgt am 21. 9. eine symbolische Massenhochzeitszeremonie. O-Ton: „Mit einem großen Hochzeitsbankett, das das grenzüberschreitende Band der Liebe feiert, lässt LOVE MIGRATION die Herzen höher schlagen. Eröffnet wird mit dem Love Migration Speeddating, bei dem das Kennenlernen verschiedener Initiativen, die sich u. a. für die Rechte binationaler Paare einsetzen (wie z. B. Ehe ohne Grenzen, FIBEL), leicht gemacht wird: Bei Welcome-Drinks gibt es Gelegenheit zu Information, Vernetzung und Erfahrungsaustausch.“ Die Wienwoche endet am 28. September. RALF LEONHARD