Wahl der All-Star-Teams: Volksrepublikanische Demokratie

Wer alles auf den Wahlzetteln zum All-Star-Team der NBA steht und warum es chinesische Basketballer so gut wie immer in die Eliteteams schaffen.

2007 schaffte es Dirk Nowitzki ins West-Allstar-Team. Bild: dpa

Alljährlich wird in einer feierlichen Zeremonie jener Wahlzettel veröffentlicht, mit dem die Fans der nordamerikanischen Basketball-Liga NBA ihre Lieblingsspieler per Kreuzchen zum All-Star-Game im Februar schicken können. Für die Vorauswahl sorgt eine Schar an Experten, die jeweils 60 Spieler aus Ost und West einer Teilnahme am Treffen der Besten für würdig befindet. Aus denen darf dann Otto Normalfan seine je fünf Favoriten mittels schriftlichem oder virtuellem Kreuzchen ins Rennen nach New Orleans, dem Austragungsort 2008, schicken.

Traditionell ist es mit der Veröffentlichung der Wahlzettel wie mit der Eröffnung des Weihnachtsgeschäftes: Sie kommt jedes Jahr früher (dieses Jahr bereits zwei Wochen nach Saisonstart). Für die Berücksichtigung eventueller Newcomer bleibt da kein Spielraum. Traditionell - wen wunderts - haben bei der Abstimmung die spektakulärsten wie besten Akteure die Nase vorn. Manchmal reicht es aber auch, eine ganze Volksrepublik hinter sich zu wissen.

Yao Ming, chinesischer Center der Houston Rockets, steht seit seinem NBA-Debüt 2002 jedem anderen Spieler der Liga in puncto Zuschauergunst ganz vorne - das Internet und eine Milliarde Chinesen machen es möglich. So verdrängte er mittels Fanvotum sogar den damals um Längen besseren Shaquille ONeal aus der West. Der grummelte: "Wo der herkommt, gibt es auch Milliarden Menschen." Mittlerweile hat sich Mings Leistung den Massen an Stimmen aber einigermaßen angepasst.

Die diesjährigen Wahlzettel nun lösten eine nicht unwesentliche Verärgerung im Reich der Mitte aus. Denn Yi Jianlian, 20-jähriger Rookie der Milwaukee Bucks, stand einfach nicht drauf. Was angesichts der (noch) durchschnittlichen Leistungen des Frischlings absolut nachvollziehbar ist, zog in chinesischen Medien eine Welle der Empörung nach sich. "Die NBA traut sich nicht, Yi Jianlian zu nominieren, weil sie weiß, wie stark die Stimmkraft der chinesischen Fans ist", wetterte Titan Sports Weekly. "Man befürchtet, dass ein All Star, der in der Anfangsformation steht und nur zwei Punkte erzielt, der Bedeutung des Spiels nicht gerecht würde."

So wird das Wahlsystem, eigentlich Basisdemokratie in Reinform, zum Problem: Was, wenn bald mehrere Chinesen in der NBA spielen und allesamt zumindest ansprechende Leistungen bringen? Drohte dann ein All-Star Spiel mit fünf Chinesen in der Startformation? In der NBA will man darüber vorerst nicht nachdenken.

Schon Yao Mings Start wird von keinem mehr in Frage gestellt. Lieber weicht man ihm aus. Tim Duncan, Power Forward der San Antonio Spurs, wurde auf den Wahlzetteln unverständlicherweise als Center aufgeführt. Nach einer Beschwerde seines Teams listet ihn die NBA nun wieder unter seiner eigentlichen Position. Hinter Ming hätte er keine Chance gehabt. "Jetzt habe ich wieder die Möglichkeit, es ins Team zu schaffen. Allein die Tatsache, dass es klappen könnte, ist eine Ehre" so der 31-Jährige, der mit seinen Spurs bereits vier Meisterschaften gewann und schon jetzt als Kandidat für die Hall of Fame gilt.

Doch nicht allein die Nichtnominierung von Spielern sorgte für Diskussionen: So ist auf dem Wahlzettel Antoine Walker aufgeführt, der seine besten Tage längst hinter sich hat. Schon aus Trotz gibt es nun eine Bewegung, die den Forward gar in die Startformation wählen will. "Es gibt nur eine Möglichkeit: Wählt Antoine Walker ins West-All-Star-Team 2008", ruft Russ Bengston vom Slam Magazine auf. "Ich bin sicher, dass er bereits andere Pläne für diesen Tag hat, aber da hat er eben Pech."

Übrigens: Die Vorauswahl der Journalisten ist eigentlich keinen Cent wert: Ist ein Spieler, den man wählen möchte, nicht aufgeführt, kann man ihn einfach mittels "write-in"-Stimme eintragen. Die Chance für alle Chinesen und Yi Jianlian.

DAVID-EMANUEL DIGILI

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