Pause auf dem Weg nach oben

In der Fußball-Regionalliga Nord schmilzt der Vorsprung des Tabellenführers Holstein Kiel nach einem 1 : 1 gegen den FC Oberneuland. Das Spiel war trist – aber der Rest der Kieler Fußballwelt fühlt sich bereits nach Aufstieg an

Die Limousinen vor dem Stadion von Holstein Kiel haben eine gewisse Aussagekraft, ebenso wie die vielen, sehr professionellen Security-Mitarbeiter und die geschlossene Gesellschaft im ersten Stock der Vereinswirtschaft. Holstein Kiel, derzeit Tabellenführer in der Fußball-Regionalliga Nord, will nach oben und verhält sich bei den Heimspielen im nicht-sportlichen Auftritt schon mal wie ein Profi-Club.

Der Aufstieg in die Dritte Liga soll diese Saison erfolgen, bis 2013 der Aufstieg in die zweite Bundesliga. Holstein Kiel hat dazu einiges Geld in die Hand genommen, der Club investiert in ein Nachwuchsleistungszentrum und hat den früheren Hertha BSC-Trainer Falko Götz verpflichtet. So etwas geht, wenn man mit Hermann Langness und Gerhard Lütje die Besitzer zweier Einkaufsketten im Aufsichtsrat sitzen hat.

Kiel gewann zuletzt drei Spiele in Folge, in der Partie gegen Oberneuland am Samstag reichte es aber nur für ein unansehnliches 1 : 1 (1 : 1). Zufrieden war Trainer Götz nur mit den ersten 15 Minuten, danach verlor sein Team zunehmend die Ordnung. In der zweiten Halbzeit war Oberneuland näher am Führungstreffer dran und streitbar ist, ob Schiedsrichter Norbert Grudzinski richtig lag mit der Entscheidung, ein Tor von Oberneulands Francky Sembolo wegen vermeintlicher Abseitsstellung nicht zu werten (76.).

Es war ein Spiel ohne Niveau, das Trainer Götz allerdings nicht aus der Ruhe brachte: Er hatte verletzungsbedingt auf zehn Spieler verzichten müssen. „Nur junge Burschen viel laufen zu sehen, macht zwar Spaß“, sagte Götz, „aber wir brauchen wieder mehr Erfahrung auf dem Platz.“

Im Vereinsheim gucken die Fans nach dem Spiel Bundesliga, während draußen die Security-Mitarbeiter in ihren roten Jacken einen Kreis um den Oberneulander Mannschaftsbus bilden. Offensichtlich sollen sie ihn schützen, die Frage ist nur: wovor? In dreißig Meter Entfernung stehen vier betrunkene Kieler Fans und grölen selbstverliebt. Kiel steht nach wie vor auf Tabellenplatz eins. Der Vorsprung beträgt noch zwei Punkte. Es ist Alltag auf dem Weg nach oben. KLAUS IRLER