Wenn Fußball zum Projekt wird

Nun also der VfL Wolfsburg. Sätze werden formuliert, die in dieser Saison schon oft zu hören waren. Da wird gute Arbeit geleistet. Der Erfolg ist die logische Konsequenz aus intelligenter Arbeit. Die Experten werden sich mit jedem Sieg des VfL einiger: Wundern muss man sich nicht, wenn die Autostädter Meister werden. Genau das Gleiche wurde bis zum zweiten Spiel nach der Winterpause auch über die TSG Hoffenheim gesagt. Erfolg fasziniert. Er provoziert Erklärungen. Und kaum einer, der schon immer von sich geglaubt hat, dass er weiß, was Sache ist im Fußball, will zugeben, dass er nicht erklären kann, warum es wirklich sein kann, dass der VfL Wolfsburg deutscher Meister werden kann.

Hoffenheims Trainer Ralf Rangnick wurde noch bis vor kurzem mit offenen Augen angestaunt, wenn er über die hypermodernen Trainingsmethoden in Hoffenheim referierte. Erklärt er heute wieder einmal, warum die TSG wieder einmal nur Unentschieden gespielt hat, bewundert ihn niemand mehr. Angehimmelt wird jetzt Trainermanager Felix Magath. Er ist der Richtigmacher der Stunde. Der Tabellenführeranführer wird als perfekter Mannschaftszusammensteller beschrieben, und mancher glaubt, dass Wolfsburg deshalb so erfolgreich ist, weil Trainer Magath als Manager weiß, welche Gehaltsvorstellungen sein Spieler hat. Meister wird demnach eher als andere ein Klub, dessen Trainer auch Manager ist. Was hat das eigentlich noch mit Fußball zu tun?

Viel ist derzeit von Projekten die Rede. Das Projekt der Hinrunde war das der Hoffenheimer. Initiiert hat es der Mäzen. Dietmar Hopp will beweisen, wie man Spitzenfußball herstellt. Jetzt wird das Projekt Wolfsburg gefeiert. Es ist ein Produkt der Volkswagen AG, die den Klub betreibt, die Kurzarbeit anordnet und sich nicht schämt, wagemutige und teure Transfers abgesegnet zu haben. Kein anderer Klub hätte 2007 einen damals 21 Jahre alten bosnischen Nationalspieler namens Edin Dzeko für vier Millionen Euro vom tschechischen FK Teplice gekauft. In Wolfsburg haben sie es versucht mit ihm, mit vielen anderen Spielern. Das teure Trial-and-Error-Verfahren des VfL fasziniert, seit der Erfolg sich eingestellt hat.

Hoffenheim und Wolfsburg sind nicht die einzigen Orte auf dem Fußballglobus, in denen Geldgeber das Projekt Spitzenfußball gestartet haben. Zu denken geben sollte: Mit dem Lebensmittelkonzern Parmalat in Italien ist auch der zum zweifachen Europapokalsieger gepäppelte AC Parma untergegangen. Dass der Racing Club de Paris in Frankreich in der 80er-Jahren u. a. mit Pierre Litbarski ein Spitzenteam bauen wollte, ist lange vergessen. Racing und Parma waren Projekte, die von Geldgebern ersonnen wurden. Fasziniert haben sie nicht lange. Haben sie dem Fußball etwas gebracht? ANDREAS RÜTTENAUER