Spanischer Abend

CHAMPIONS LEAGUE Auf europäischer Bühne wissen die Schalker Raúl und Jurado zu glänzen, aber gelingt das auch in der Bundesliga?

GELSENKIRCHEN taz | Verabredet war der kleine interne Wettbewerb, den sich Raúl und José Manuel Jurado rund um Schalkes ungefährdeten 3:0-Sieg gegen Hapoel Tel Aviv lieferten, gewiss nicht. Aber das kleine Duell trug sehr dazu bei, dass die Skepsis der Gelsenkirchener Fans gegenüber den Spaniern so langsam in Zuneigung umschlägt. Beide haben sich an diesem Abend den inoffiziellen Titel des besten Schalker Spielers verdient, Raúl schoss zwei Tore, Jurado bereitete eins vor und erzielte eins selber, beide arbeiteten auffällig engagiert in der Defensive, und am Ende versuchten sie auch noch, sich an Bescheidenheit zu übertreffen.

„Ich bin glücklich über mein Tor“, sagte Jurado, „noch glücklicher bin ich aber, dass ich Raúl bei seinem Rekord geholfen habe, denn er ist immer noch der größte Spieler, den wir in Spanien haben.“ Der Altmeister, der 16 Jahre für Real Madrid spielte, hat mit seinen Europapokaltreffern Nummer 69 und 70 die alleinige Führung in der ewigen Torschützenliste der Uefa-Wettbewerbe übernommen. Insofern wurde der Abend auch zu einem Moment für die Geschichtsbücher.

Das wiederum war Raúl zu viel der Ehre. Zwar strahlten seine Augen vor Glück, als er kurz vor Mitternacht als letzter Schalker aus der Kabine kam, doch dann mühte er sich, seine historische Tat kleinzureden. Wichtig sei vor allem der Erfolg der Mannschaft, floskelte der Spanier, „und wenn man das Glück hat, dreimal mit Real Madrid die Champions League zu gewinnen, dann ist klar, dass man da auch ein paar Tore schießt.“ Diese Zurückhaltung ist ein ziemlich sympathisches Element auf Schalke, wo die Neigung zu Extremen jeder Form traditionell besonders ausgeprägt ist.

Die anderen Schalker mochten ihren Überschwang nach diesem spanischen Abend weniger zügeln, sie überschütteten ihre Mitspieler mit Lob. „Raúl stellt sich in den Dienst der Mannschaft, er holt Bälle, er schleppt Bälle, ich hoffe, dass diese beiden Tore auch seine Akzeptanz beim Publikum erhöhen“, sagte Trainer Felix Magath. Und Christoph Metzelder, der lange in Madrid spielte und eine wichtige Rolle bei der Integration der Neuzugänge einnimmt, lobte Jurados Auftritt: „Heute hat man gesehen, dass er unserem Spiel eine ganz andere Note geben kann.“ Der 24-jährige Techniker hat großen Anteil daran, dass Schalke strukturierter spielt als in der Vorsaison, dass der Ideenreichtum größer ist. „In den vergangenen Wochen musste er noch ein bisschen lernen, was Bundesligafußball bedeutet“, versuchte Metzelder Jurados anfängliche Probleme zu erklären.

Auf dem vertrauten Terrain der Champions League kommen Jurado, der im Sommer für 13 Millionen Euro von Atlético Madrid verpflichtet wurde, und Raúl irgendwie besser zurecht. Wie die gesamte Mannschaft. „Wenn wir aus den letzten drei Spielen noch vier oder sechs Punkte holen, dann haben wir gute Chancen, auch nächstes Jahr dabei zu sein“, sagte Christoph Moritz nach dem besten Start in eine Champions-League-Saison der Schalker Klubgeschichte. Allerdings waren die Israelis auch nur ein zweitklassiger Gegner, so leicht lässt sich kein Bundesligist aushebeln. Und wer einen etwas kritischeren Blick auf den Abend werfen mochte, der konnte eine große Schwäche sehen: Schalke war so klar überlegen, dass der Sieg viel zu niedrig ausfiel.

Die große Bewährungsprobe folgt daher am Samstag in Frankfurt. Schon nach dem Sieg gegen Benfica Lissabon, dem ersten Schalker Champions-League-Fest dieser Saison, dachten alle, jetzt sei die Krise überwunden – was folgte, war das schwächste Saisonspiel, ein 1:2 in Nürnberg. „In der Bundesliga wird einfach anders gespielt als in Spanien oder in der Champions League“, versuchte Metzelder zu erklären, dieser Umstellungsprozess auf den Alltag bereitet dem Team große Probleme. Aber die Schalker tun mittlerweile ihr Bestes, um ihren Neuzugängen im grauen Ruhrgebiet ein Gefühl von Heimat zu geben.

DANIEL THEWELEIT