Köln schlägt Bayern nach 0:2 Rückstand: "Böse, enttäuscht und erstaunt"

Nach der 2:3-Niederlage in Köln sind die Bayern ratlos. Und Louis van Gaal zeigt Demut. Es muss furchtbar sein für die Bayern, dass sich niemand mehr vor ihnen fürchtet.

Kein Respekt mehr vor den Bayern: Kölns Pedro Geromel (l.) und der Münchener Bastian Schweinsteiger. Bild: dpa

Es gibt sie also doch, die demütige Seite von Louis van Gaal, dem großen Narziss. Seit eineinhalb Jahren arbeitet der Holländer nun als Trainer beim FC Bayern München und ohne jede Ehrfurcht legt er sich mit den Ikonen des Rekordmeisters an. Auch die eigenwilligsten Methoden und Entscheidungen verkauft er mit einer Selbstverliebtheit, die manchmal kurios, immer öfter aber auch verstörend wirkt.

Nach der 2:3-Niederlage in Köln saß van Gaal nun ziemlich lange ziemlich einsam auf der Trainerbank, nippte an der Wasserflasche und gelangte offenbar zu der Einsicht, dass es an der Zeit ist, die Hybris vorerst ruhen zu lassen. "Ich habe wahrscheinlich auch einen Fehler gemacht", verkündete er nach dem Spiel ungewohnt selbstkritisch, "ich muss mich selbst zu meiner Halbzeitbesprechung befragen, vielleicht war ich da zu souverän, vielleicht war das nicht gut."

Denn nach 45 Minuten und Toren von Gomez und Altintop hatten die Bayern 2:0 geführt, souverän und kalt hatten sie den Abstiegskandidaten aus Köln kontrolliert, doch wieder einmal haben sie einer starken ersten Halbzeit eine katastrophale zweite Hälfte folgen lassen. "So machen wir uns schon die ganze Zeit die Saison kaputt", sagte Thomas Müller, einer der wenigen Spieler, die nach dem Rückschlag öffentlich sprechen mochten. Im Gang vor der Kabine standen derweil Präsident Uli Hoeneß und Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge, es wurde intensiv debattiert, und natürlich ist auch die eigenwillige Arbeitsweise von Louis van Gaal ein Thema, mit dem die Klubführung sich nach diesem Erlebnis auseinander setzen wird.

1. FC Köln: Rensing - Brecko, Geromel, Mohamad, Eichner - Lanig, Matuschyk - Clemens (90.+1 Yalcin), Podolski, Peszko (90. Ehret) - Novakovic (82. Jajalo)

Bayern München: Kraft - Lahm, Timoschtschuk, Badstuber, Luiz Gustavo (78. Klose) - Ottl, Pranjic - Altintop (63. Ribéry), Schweinsteiger, Müller - Gomez

Zuschauer: 50.000 (ausverkauft)

Tore: 0:1 Gomez (22.), 0:2 Altintop (42.), 1:2 Clemens (55.), 2:2/3:2 Novakovic (62., 73.)

Schließlich hat Hoeneß im Januar mehr oder weniger offen erklärt, dass der Klub reagieren werde, wenn die Qualifikation für die Champions League in Gefahr gerate. Nun sagte Rummenigge: "So werden wir unsere Ziele nicht erreichen." Die Herren schweigen zur Van-Gaal-Frage, doch Trainerwechsel hatten in München zuletzt immer etwas Überraschendes. Vor vier Jahren wurde Felix Magath fortgejagt, Hoeneß zauberte damals zum Erstaunen der Fußballnation Ottmar Hitzfeld als Nachfolger aus dem Hut.

Als Jürgen Klinsmann in München vorgestellt wurde, hatte niemand mit dem ehemaligen Bundestrainer gerechnet, und als dieser dann vor knapp zwei Jahren gehen musste, präsentierte der Rekordmeister die ebenso kreative wie unerwartete Zwischenlösung Jupp Heynckes. Gerüchten zufolge steht nun Matthias Sammer, der Sportdirektor des Deutschen Fußball-Bundes, bereit, ein Mann, dem gemeinhin zugetraut wird, das verlorene Münchner Sieger-Gen wieder zu finden.

Es muss furchtbar sein für die einstmals so gefürchteten Bayern, dass sich niemand mehr vor ihnen fürchtet. Noch vor wenigen Monaten hätte jeder Gegner, der zur Halbzeit mit zwei Toren gegen die Münchner zurückliegt, erst mal versucht ein Debakel zu verhindern.

Am Samstag hat Kölns Trainer Frank Schaefer seinen Spielern in der Halbzeit gesagt, dass der klare Rückstand eine große Chance darstelle. "Wir wussten, dass die Münchner nach der Pause öfter eine Phase haben, wo sie ihre Dominanz nicht umsetzen", sagte er, "das haben wir in der Halbzeit angesprochen." Van Gaal hörte aufmerksam zu. "Wenn es schon so bekannt ist, dass der Trainer von Köln daran appelliert, ist das sehr schlecht", sagte er und ergänzte: "Ich bin böse, enttäuscht und erstaunt." Aber es ist seine eigene Politik, die dieser Entwicklung zu Grunde liegt.

Den Bayern fehlt die Stabilität im Zentrum, Bastian Schweinsteiger hat sich in der Vorsaison zu einem der weltbesten defensiven Mittelfeldspieler entwickelt, derzeit muss er offensiv spielen. Im Abwehrzentrum, wo die Innenverteidiger Holger Badstuber und Anatoliy Tymoshtchuk hinter den Sechsern Andreas Ottl und Danijel Pranjic spielen, bricht das Münchner Spiel in schwierigen Phasen immer wieder auseinander. Mit ganz simplen Spielzügen erzielten Christopher Clemens und der Doppeltorschütze Milivoje Novakovic die Kölner Tore.

Alternativen für die mäßig besetzten Positionen in der Spielfeldmitte gibt es jedoch kaum im Münchner Kader. Wintereinkauf Luiz Gustavo ist noch nicht mit van Gaals taktischen Anforderungen vertraut, Mark van Bommel und Martin Demichelis wurden abgegeben, so ratlos wie in Köln sind die Bayern seit langem nicht mehr gewesen. "Es gibt keine rationale Erklärung", sagte Thomas Müller, "Dortmund und Leverkusen müssen ja überhaupt keine Angst vor uns haben, die können ja verlieren, wie sie wollen, dann lassen wir auch Punkte liegen." Vielleicht ist dieser Mannschaft neben der Siegermentalität aber auch einfach die Qualität zum Erreichen der Saisonziele verloren gegangen. Zumindest in der Defensive.

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