Eishockey-Bundestrainer Uwe Krupp: Kein Everybody's Darling

Bei der Eishockey-WM will das deutsche Team die Zwischenrunde erreichen. Für Trainer Uwe Krupp ist es das letzte Turnier. Er geht zu den Kölner Haien.

"Schulterklopfen ist nur 50 Zentimeter von einem Tritt in den Hintern entfernt" – Uwe Krupp hat vom Leben gelernt. Bild: dpa

So gefragt wie vor dieser Weltmeisterschaft war Uwe Krupp (45) noch nie. Ein Interview nach dem anderen musste der scheidende Eishockey-Bundestrainer vor dem Turnier in der Slowakei geben, in das die deutsche Mannschaft am Freitag mit einem Spiel gegen Vizeweltmeister Russland startet (16.15 Uhr, Sport 1).

Kein Problem für Krupp. Es fällt dem ehemaligen NHL-Profi, der 20 Jahre in den USA und Kanada gelebt hat, nicht mehr schwer, in seiner Muttersprache zu parlieren. Seit 2009 wohnt er wieder in Köln. Sein Deutsch ist flüssig, der amerikanische Akzent fast verflogen.

Und so sprach er ausgiebig über die Entwicklung der deutschen Nationalmannschaft ("Wir stehen in der Weltrangliste auf Rang neun, das spiegelt unseren Leistungsstand wider"). Seine Ziele für die WM ("Wir wollen in die Zwischenrunde, dann sehen wir weiter"). Die bislang erfolglose Suche nach seinem Nachfolger ("Nicht meine Sache. Darum kümmert sich der Präsident").

Pragmatiker, kein Romantiker

Am häufigsten musste der einzige deutsche Stanley-Cup-Sieger die Frage beantworten, wie schwer ihm der Abschied falle. Ab Juni wird Krupp Teammanager seines Heimatklubs Kölner Haie tätig sein. Zum großen Gefühlsduseln ließ er sich nicht hinreißen. Ein wenig Wehmut verspüre er, sagt Krupp. Das Nationalteam liege ihm schließlich am Herzen. Und: "Trainer zu sein, ist ein emotionaler Job."

Da er sich aber voll und ganz auf die WM und deren Gelingen konzentriere, habe er gar keine Zeit, nostalgisch zu werden. Die Jahre in Nordamerika haben Krupp geprägt. Er ist Pragmatiker und kein Romantiker.

In seinen sechs Jahren beim Deutschen Eishockey-Bund (DEB) hat er zudem so viel erlebt, dass er misstrauisch geworden ist. 2006 schaffte der 45-Jährige in Amiens mit dem deutschen Nationalteam den Aufstieg in die A-Gruppe. Das Publikum feierte ihn als Helden und Retter des deutschen Eishockeys, zumal er seiner Auswahl ein offensives, schnelles und frisches Spielsystem verordnete und viele junge Profis förderte. Dass Krupp, ein sperriger und eigensinniger Typ, nicht als Everybody's Darling taugt, wurde dennoch bald klar.

Als bei der WM 2008 im Halifax deutsche Fans gegen die DEB-Führung protestierten, anstatt das Team zu unterstützen, empfahl Krupp ihnen, sie sollten einfach heimfliegen, wenn es ihnen nicht passe. So war er auf einmal der Bösewicht und Feind der Fans. Den Tiefpunkt seiner Karriere als Auswahl-Coach erlebte er 2009 bei der WM in Bern. Dort spielte die deutsche Auswahl schlecht, und sie wäre abgestiegen, wenn sie nicht als Ausrichter der WM 2010 in Deutschland gesetzt gewesen wäre.

Vom Bieropfer zum Messias

Die Fans skandierten nach einer Niederlage gegen Frankreich: "Uwe, das war dein letztes Spiel." Ein dummer Zuschauer begoss Krupp sogar mit Bier. Der nahm es stoisch – und wies darauf, dass der Trainer nun einmal alles abbekomme. Ein Jahr später war alles anders. Nach der Heim-WM 2010, bei der Krupps Team sensationell den vierten Platz erreichte, war der Bundestrainer wieder der Eishockey-Messias und beste Mann im Land. "Schulterklopfen ist nur 50 Zentimeter von einem Tritt in den Hintern entfernt", folgerte Krupp.

Sobald das Turnier in der Slowakei startet, ist der Ruhm der Heim-WM für ihn bedeutungslos. "Was letztes Jahr passiert ist, war eine Momentaufnahme. Wir starten wieder bei null und haben eine schwere Gruppe", sagt Krupp. Neben Russland sind Gastgeber Slowakei (Sonntag, 20.15 Uhr) und Aufsteiger Slowenien (Dienstag, 16.15 Uhr) deutsche Gruppengegner.

Wie immer bewegt sich die DEB-Mannschaft auf dem schmalen Grat zwischen Himmel und Hölle. Das Spiel gegen Slowenien muss sie gewinnen, um sich für die WM-Zwischenrunde zu qualifizieren. Misslingt ihr dies, so muss sie in die Abstiegsrunde, die den deutschen Profis gar nicht liegt. Immer wenn sie in die Relegation gerieten, bekamen sie weiche Knie. Und versagten.

Die aktuelle deutsche Mannschaft, die in der Vorbereitung zum ersten Mal seit 16 Jahren gegen Finnland gewann, besteht zum größten Teil aus Spielern, die schon 2010 dabei waren. Allerdings fehlen mit den NHL-Profis Marcel Goc und Christian Ehrhoff zwei Leistungsträger. "Damit müssen wir leben und das Beste daraus machen", sagt der Trainer.

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