DAILY DOPE (497)

Für Lance Armstrong wird es immer brenzliger. Die Beschuldigung seines früheren Teamgefährten Tyler Hamilton, Armstrong hätte während der Tour de France 1999 und in der Vorbereitung auf die folgenden beiden Frankreichrundfahrten das Blutdopingmittel Epo eingenommen, war auch aktuell beim Giro d’Italia Thema. „Warum muss dieser Mist der Vergangenheit immer dann hochkochen, wenn wir mitten in einem großen Rennen sind?“, fragte genervt Lampres neuer Teamchef Roberto Damiani.

Hamiltons Aussage platzt mitten hinein in die Kalifornienrundfahrt, das sportlich hochwertigste Rennen in den USA. Der Giro ist da nur Nebenschauplatz. In einem Vorabbericht der Sendung „60 Minutes“ bei CBS sagte Hamilton über Armstrong: „Er nahm, was wir alle nahmen. Es handelte sich um Epo, Testosteron und auch Bluttransfusionen. Ich sah Epo in seinem Kühlschrank und sah, wie er injizierte.“ In einem Statement entschuldigte sich Hamilton bei seinen Fans sowohl für den Sportbetrug als auch für das anschließende lange Schweigen und Verheimlichen. Hamilton war 2004 mit einer Fremdbluttransfusion und 2009 mit dem Hormon DHEA erwischt worden.

Der einstige Kletterzwerg aus Colorado erklärte, dass ihm erst die Anhörung vor der Grand Jury im Armstrongprozess die Augen geöffnet habe. „Ich sagte dort sechs Stunden lang aus. Es war für mich, als würde der Hoover Dam bersten. Ich fühlte eine Erleichterung, wie ich sie niemals zuvor empfunden habe“, schrieb er in der persönlichen Erklärung. Hamilton ist damit neben Floyd Landis der zweite gewichtige Belastungszeuge gegen Armstrong.

Der Texaner versuchte umgehend, die Glaubwürdigkeit Hamiltons zu erschüttern. Er wies auf dessen eigene Dopingvergehen hin und gratulierte dem Russen Wjatscheslaw Jekimow zur nachträglichen Goldmedaille bei den Olympischen Spielen 2004. Jekimow war im Einzelzeitfahren Zweiter hinter Hamilton geworden. Jekimow, wie Hamilton einst Mannschaftsgefährte von Armstrong und aktuell sportlicher Leiter im von dem Texaner mitfinanzierten Rennstall Radioshack beim Giro d’Italia, nahm Armstrongs Glückwünsche gern an. „Ich habe ihm gedankt und ihm geschrieben, wenn Tyler Mumm in den Knochen hat, dann gibt er mir die Goldmedaille“, sagte Jekimow der taz. Wenn der Russe wiederum Mumm in den Knochen hat, erzählte er der Grand Jury, was er über seine Zeit bei US Postal und Discovery Channel weiß.