Eishockey in Amerika: Zwei Deutsche und ein Panzer

Vancouver Canucks oder die Boston Bruins? Eins steht zum Start der NHL-Finalserie schon mal fest: Ein weiterer Deutscher nach Uwe Krupp wird den Stanley Cup gewinnen.

Gemeinsam im Nationalteam, gegeneinander in der NHL: Christian Ehrhoff und Dennis Seidenbergs (2.v.l.). Bild: dpa

BERLIN taz | Eins ist schon mal sicher. Egal, wer die Mittwochabend (Ortszeit) beginnende Finalserie der National Hockey League (NHL) gewinnen wird, die Vancouver Canucks oder die Boston Bruins: Der Stanley Cup, die traditionsreichste Trophäe im nordamerikanischen Profisport, wird diesen Sommer auf jeden Fall zu Besuch nach Deutschland kommen.

Fraglich ist nur noch, wo der 17 Kilo schwere Pokal genau aufschlagen wird: in Moers oder in Schwenningen?

Ist es doch gute Sitte, dass die Spieler der siegreichen Mannschaft vor der neuen Saison mit dem ehrwürdigen Cup im Gepäck ihre Heimatstädte besuchen dürfen. Die NHL beschäftigt extra zwei Leibwächter, die den Pokal auf diesen Reisen begleiten, die immer ausgedehnter werden, seit immer mehr Europäer eine tragende Rolle in der besten Eishockey-Liga der Welt spielen. Und in diesem Jahr stehen sich erstmals zwei Deutsche im Finale gegenüber: Christian Ehrhoff, der für Vancouver spielt, stammt aus dem niederrheinischen Moers, und Dennis Seidenberg aus Schwenningen im Schwarzwald läuft für Boston auf. Beide sind Verteidiger, beide sind Nationalspieler und einer von beiden wird als zweiter Deutscher schaffen, was bislang nur Noch-Bundestrainer Uwe Krupp vergönnt war: den NHL-Titel zu gewinnen und damit auch den seit 109 Jahren ausgespielten Stanley Cup.

Die Canucks sind Favoriten

Als Favoriten gehen in die erste Begegnung, die in Vancouver stattfindet, dabei Ehrhoff und die Canucks, die die reguläre Saison als beste Mannschaft abschlossen und sich dadurch auch den Heimvorteil in einem möglichen siebten Entscheidungsspiel gesichert haben. Boston dagegen steht doch etwas überraschend in den Endspielen und musste in zwei der drei bisherigen Playoff-Runden über die volle Distanz gehen, zuletzt im Halbfinale gegen Tampa Bay. Da gab es im alles entscheidenden siebten Spiel einen hart umkämpften 1:0-Erfolg.

Vor allem Seidenberg, schon seit acht Jahren in der NHL, aber seit zwei Jahren endlich einmal weitgehend verletzungsfrei, spielt bislang überragende Playoffs. Keinen anderen Spieler schickt Bruins-Coach Claude Julien so lange aufs Eis wie den Verteidiger, der mit den Adler Mannheim vor genau zehn Jahren Deutscher Meister wurde. Doch der mittlerweile 29-Jährige ist nicht nur in der Defensive stark, sondern hat in der K.-o.-Runde bislang auch ein Tor erzielt und immerhin sieben Assists verteilt. Die Folge ist ein sensationelles Plus-Minus-Rating: Acht Tore haben die Bruins mehr erzielt als zugelassen, wenn Seidenberg im Einsatz war.

Offensivspieler Ehrhoff

Ganz so erfolgreich war Nationalmannschaftskollege Ehrhoff nicht, seine Qualitäten liegen eher in der Offensive. Der 28-jährige Ehrhoff gehört zu den fünf Spielern, die aufs Eis dürfen, wenn ein Gegner auf der Strafbank sitzt und die Canucks in Überzahl sind. Integraler Bestandteil der erfolgreichsten Power-Play-Besetzung der Liga zu sein, das hat dazu beigetragen, dass Ehrhoff in den Playoffs bereits zwei Tore und neun Vorlagen auf dem Konto hat, obwohl er die letzten beiden Spiele im Halbfinale gegen die San Jose Sharks wegen einer Verletzung aussetzen musste. Seine Plus-Minus-Statistik allerdings sieht lange nicht so gut aus wie die von Seidenberg und steht bei -6.

In zwei Mannschaften, die als die defensiv besten der ganzen NHL gelten, sind die beiden deutschen Profis zwar tragende Stützen, im Mittelpunkt aber stehen vor dem ersten Bully andere. Sowohl die Fans der Canucks, die zwar seit 1970 in der NHL spielen, aber noch nie den Cup nach Vancouver holen konnten, als auch die der Bruins, die ihrerseits seit 39 Jahren auf einen Titelgewinn warten, sorgen sich vor allem um ihre Torhüter.

Konzentrationsprobleme bei beiden Torhütern

Roberto Luongo, der das Tor der Canucks hütet, und Tim Thomas von den Bruins gelten beide als Weltklasse-Goalies, die allerdings immer wieder zu unerklärlichen Unkonzentriertheiten neigen. Der bereits 37-jährige Thomas, der mit Stolz den Spitznamen "The Tank", also "Der Panzer", trägt, wurde im vergangenen Jahr während der Playoffs sogar aus dem Tor verbannt und durch den unerfahrenen Finnen Tuuka Rask ersetzt. Ein Schicksal, das den Kollegen Luongo sogar in den aktuellen Playoffs ereilte: In der Erstrundenserie gegen den Titelverteidiger Chicago Blackhawks wurde er auf die Bank gesetzt, als er ein paar zweifelhafte Weitschusstore kassierte.

Experten und Beteiligte sind sich also einig: Der Keeper, der sich die wenigsten Fehler erlaubt, wird diese Endspielserie entscheiden. Und damit auch die Frage, ob der Stanley Cup in diesem Sommer in Moers oder in Schwenningen zu bestaunen sein wird.

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