Viel Lärm, wenig Effekt

Bella Italia! Im Wettbetrugsskandal des italienischen Fußballs wird um die Strafen gefeilscht. Auch sonst bietet die Serie A aktuell ein eher trauriges Bild

Absinkende Kurven kennzeichnen Italiens Fußball. Kürzlich hat der starke Mann von Champion AC Mailand, Adriano Galliani, die Serie A als ein zur Pizzeria abgestürztes Luxusrestaurant bezeichnet. Galliani beklagte vor allem fehlende Umsätze aus den Stadien – zugleich hat sich das Betätigungsfeld jener Männer, die im Frühjahr noch dicke Geldbeträge auf manipulierte Spiele setzten, auf einen Poker um Strafnachlässe verlagert. Nachdem Sportrichter Palazzi am Mittwoch seine Strafanträge im Betrugsverfahren zur Operation „Last Bet“ vorgestellt hat, zockten bis Freitagabend die Anwälte in einem römischen Luxushotel um Verkürzungen dieser Strafen. Am Montag sollen die Urteile verkündet werden.

Es ist wie so oft in Italien. Monatelang waren die Blätter voll von Berichten, Verbindungen zu den diversen Mafias wurden hergestellt und über Beteiligungen der halben Serie A an den Manipulationen spekuliert. Doch die Konsequenzen fallen vergleichsweise mager aus. Disqualifikationen von einigen Monaten bis drei Jahren drohen den meisten überführten Wettbetrügern. Vereine müssen mit Geldstrafen und mäßigen Punktabzügen rechnen. Erstligist Chievo Verona kommt mit einer Geldstrafe von 80.000 Euro davon. Die Exspieler Stefano Bettarini, Daniele Deoma und Vittorio Micolucci können sich um eine Verkürzung der Sperren um mehrere Monate freuen.

Bergamo blutet

Eine härtere Linie zeichnet sich hingegen gegenüber den Ex-Nationalspielern Giuseppe Signori und Cristiano Doni ab. Signori droht eine fünfjährige Sperre im Fußball. Er war zwar die letzten 18 Monate bei keinem Klub mehr angestellt, ist aber als Trainer im Verband eingeschrieben und daher sportrechtlich belangbar. Für Doni, den Kapitän des Aufsteigers Atalanta Bergamo, verlangte Sportrichter Palazzi eine Sperre von drei Jahren und sechs Monaten, für dessen Vereinskollegen Thomas Manfredini drei Jahre. Der Klub soll das Fehlverhalten seiner Angestellten mit sieben Minuspunkten in der kommenden Saison bezahlen – ein beträchtliches Handicap im Abstiegskampf.

Dennoch geht die Serie A vergleichsweise ungerupft aus dem Skandal hervor. Größere Auswirkungen sind etwa in der dritten Liga zu erwarten. Hier werden durch die Zwangsrelegation von Ravenna und die Abstufung von Alessandria auf den letzten Tabellenplatz Auf- und Abstieg durcheinandergewirbelt.

Ein ehrenwertes Haus

Dabei hängt Gallianis Klage über marode Stadien und daraus resultierende Investmentrückstände gegenüber anderen Ligen mit den Manipulationen zusammen. Denn um ihre Angestellten zu bezahlen, haben einige Vereinspräsidenten unterer Ligen in den letzten Jahren regelmäßig auf eigene Spiele gesetzt – und vorher mit den Gegnern die zu erzielende Tordifferenz vereinbart. Das Gebäude des italienischen Fußballs bietet einen ähnlich maroden Anblick wie das der Politik. Es bleibt dem Betrachter überlassen, ob es Zufall ist, dass in beiden Häusern Silvio Berlusconi die Beletage bewohnt. TM