Köln gegen Leverkusen: Das ist mein Revier

Weil Lukas Podolski um seinen Stammplatz in der Nationalelf fürchtet, besiegt er Leverkusen fast im Alleingang. Sein Konkurrent André Schürrle geht unter.

Überflieger: Podolski trifft zum 2:0 für Köln. Bild: dpa

LEVERKUSEN taz | Lukas Podolski war gestresst, als er nach seiner Dopingprobe endlich zum Kölner Mannschaftsbus kam. Widerwillig beantwortete er ein paar Fragen, "es ist ja klar, dass ihr jetzt eine Woche nur über dieses Foul redet", fauchte er. Das Bad in der jubelnden Menge zuvor hatte ihm eindeutig besser gefallen.

Der Nationalspieler war der Held des Tages, zwei Tore und eine Vorlage hatte er zum erstaunlich 4:1-Sieg seiner Kölner in Leverkusen beigetragen, aber an diesem Nachmittag war auch sichtbar geworden, wie erbittert um den Platz im linken Mittelfeld der Nationalmannschaft gekämpft wird. Und die Folgen dieses aggressiven Duells trübten Podolskis Freude.

Kurz vor der Pause hatte er André Schürrle, seinen Kontrahenten um den Stammplatz, ziemlich fies in die Beine getreten, und als der Leverkusener sich beschweren wollte, wedelte Podolski verächtlich mit der Hand, als wolle er eine lästige Fliege verscheuchen. Es war eine Szene, die Bundestrainer Joachim Löw mit großem Interesse verfolgt haben dürfte, und es war ein Moment, der dieses Spiel hätte verändern können. Denn nicht nur Leverkusens Sportdirektor Rudi Völler fand, dass Podolskis Tritt mit einer Roten Karte hätte geahndet werden müssen. Der Kölner dagegen sprach genervt von einem "ganz normalen Foul".

Offene Wut

Völler nutzte die Gelegenheit, im Kabinengang einen seiner Wutanfälle zu bekommen. Schiedsrichter Günter Perl habe "mit zweierlei Maß" gemessen, echauffierte er sich, in der Nachspielzeit war Schürrle nämlich nach einem ähnlich harten Foul mit einer Roten Karte bestraft worden. Podolski hatte nicht einmal Gelb gesehen. "Ein Witz" sei das, brüllte Völler, und erzählte, Perl habe nicht widersprochen, sondern nur darum gebeten, solche Anmerkungen künftig hinter der verschlossenen Tür der Schiedsrichterkabine loszuwerden.

Daran wollte Völler sich nicht halten, die Wut sollte öffentlich sein. Es war Derby, und der Sportdirektor wollte der Welt zeigen: Leverkusen wehrt sich. Die Spieler waren zu einem solchen Signal nicht in der Lage gewesen, selbst nach dem 1:3 (Rolfes, 70.) bäumte sich niemand auf, und diese Leblosigkeit haben die Kölner zu einer Leistung genutzt, die ihnen niemand zugetraut hätte.

Podolski hat zwar Schürrle getreten, aber er hat auch ganz wunderbar Fußball gespielt. Schöner noch als seine beiden Tore (47.; 54.) war vielleicht sogar die Vorlage zu Novakovics 0:1 (44.), "Lukas und Nova waren für uns die Matchwinner", sagte Trainer Stale Solbakken, in dessen Mannschaft aber auch viel leisere Helden in Erscheinung getreten waren. Neuzugang Ammar Jemal spielte eine starke Partie auf der linken Abwehrseite, und Rechtsverteidiger Henrique Sereno ist so schnell, dass er den Supersprinter Schürrle in allen Laufduellen besiegte.

Schwerer Kampf gegen Egoisten

Spielentscheidend war aber, dass Adil Chihi und Slawomir Peszko endlich einmal diszipliniert und vor allem durchdacht in den Räumen vor den Außenverteidigern agierten. Die beiden stehen beispielhaft für den täglichen Kampf, den der norwegische Trainer mit dieser Kölner Mannschaft ausficht. "Ich glaube, dass die Spieler denken, wir trainieren zu viel Taktik, aber ich finde, dass wir mehr Taktik trainieren müssen", sagte Solbakken, und er wurde noch präziser: "Zu viele Spieler wollen eine individuelle Rolle in der Mannschaft", statt die notwendige Arbeit fürs Kollektiv zu erledigen.

Besonders anfällig seien "die beiden Außenpositionen und die beiden Stürmer", erläuterte Solbakken, also Chihi, Peszko, Novakovic und Podolski. "Das ist der schönste Sieg in meinem Leben", behauptete Novakovic nachher.

Die Kölner Neigung zu den Extremen hat Solbakken inzwischen zu einem der Hauptprobleme erklärt. "Es gibt hier nur richtig gut oder richtig schlecht, es fehlt die solide Mitte", hatte er am Tag vor der Partie moniert, und dieser Befund gilt auch nach dem Derby. Der Auftritt von Leverkusen war extrem gut, und um das Drama zu krönen, ereignete sich inmitten der Jubelszenen auch noch eine mittelgroße Tragödie.

Drei Minuten vorm Ende riss Pedro Geromel der Außenmeniskus im rechten Knie, Während Mato Jajalo zum finalen 1:4 traf (90.), wurde Geromel weinend aus der Arena getragen, der Innenverteidiger wird am heutigen Montag operiert und fällt mehrere Wochen aus.

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