Hoeneß und die Bayern-Niederlage: Ausgeschlafener Profi

Hannover 96 zeigt mit einer wieder einmal gut koordinierten Mannschaftsleistung, dass es durchaus möglich ist, den FC Bayern München zu schlagen.

Entsetzen über die 2:1-Niederlage in Hannover bei den Bayern-Spieler Thomas Müller (l) und Bastian Schweinsteiger (knieend am Boden). Bild: reuters

HANNOVER taz | Ihre Ratschläge für Sergio Pinto, diesen zumeist angriffslustigen Profi von Hannover 96, waren voller Schärfe. "Ich würde an seiner Stelle in die Kirche zur Beichte gehen", hatte Karl-Heinz Rummenigge vorgeschlagen. Uli Hoeneß empfahl dem ungeliebten Pinto sogar, sich mit seinen schauspielerischen Fähigkeiten in Los Angeles bei den Oscar-Verleihungen vorzustellen. Pinto dazu: "Ich bin kein Schauspieler. Und für den Rest kann ich nichts."

Das Scheitern einer Erfolgsmannschaft hatte seinen Ursprung in einer bemerkenswerten Szene gefunden. Nach einem Foul von Rafinha war Pinto direkt vor der Auswechselbank der Bayern theatralisch zu Boden gegangen. Dass sich die Münchner Toni Kroos und Jerome Boateng danach Anfeindungen gegen den am Boden liegenden Pinto genehmigten, hatte tumultartige Szenen mit Schubsern gegen Spieler, Physiotherapeuten und den 96-Teamarzt zur Folge.

Am Ende gab es ein Gelbe Karte gegen Christian Schulz und einen Platzverweis für Boateng wegen einer Tätlichkeit gegen Schulz. Die Erklärung für die Niederlage war geliefert. "Mit zehn Mann auswärts in Hannover zu bestehen, das ist schwierig", sagte Torhüter Manuel Neuer.

Diese Mischung aus Gelassenheit und Ärger, mit der die Spieler des FC Bayern ihre zweite Saisonniederlage hinnahmen, war fast ein wenig wohltuend. Selbst ihr Trainer sah im Gegensatz zu den kratzbürstigen Herren Hoeneß und Rummenigge keinen Anlass, aus der Haut zu fahren oder über die Maßen zu schimpfen.

"Man muss vor einem Gegner wie Hannover Respekt haben. Die sind wirklich gut sortiert und strukturiert", sagte Jupp Heynckes und war schlau genug, die entscheidenden Fehler einer packenden Begegnung nicht öffentlich anzuprangern. Der schwache Bayern-Kapitän Philipp Lahm hatte sich in der 23. Minute ein naives Foul an Steven Cherundolo geleistet, das mit dem 1:0 durch einen Foulelfmeter von Mohammed Abdellaoue bestraft wurde.

Nur ein Ehrentreffer

Und Boateng ("Ich habe ihm gesagt, er soll aufstehen. Das war unsportlich") war eben der Meinung, er müsse sich auf ein verbales Duell mit Pinto und folgenschwere Schubsereien einlassen. In der 50. Minute hatten die Bayern durch einen abgefälschten Schuss von Christian Pander auch noch das 0:2 hinnehmen müssen. Sie hatten sich trotz eines guten Auftritts mit einer Mixtur aus Unvermögen und Mangel an Glück selbst ein Bein gestellt. Daran konnte auch der späte Ehrentreffer von David Alaba (83.) nichts mehr ändern.

Es ging um drei verlorene Punkte, so formulierte es Bayern-Star Bastian Schweinsteiger, die ihnen so richtig wehtun. Es war aber auch ein Ausrutscher des Tabellenführers, auf den viele Neider sehnsüchtig gewartet hatten. "Solche Spiele und ein solches Ergebnis heizen die Liga an", sagte 96-Trainer Mirko Slomka voller Zufriedenheit über den Auftritt seiner Mannschaft, deren Kollektiv erneut stärker als die individuelle Klasse der Münchener Leistungsträger war.

Allein Nationalstürmer Mario Gomez hätte drei bis vier Tore erzielen müssen. Aber der Torjäger und seine Kollegen waren immer wieder am Pfosten, an der Latte und an Torhüter Ron-Robert Zieler gescheitert. Der Wutanfall des Uli Hoeneß dürfte wieder einmal ein Ablenkungsversuch von den Schwächen der Spieler gewesen sein. Schiedsrichter Manuel Gräfe (Berlin) war natürlich schuld, Pinto sowieso.

"Wie der Pinto heute Nacht schlafen kann, ist mir ein Rätsel", hatte der Hoeneß gefragt. Die Antwort gab Pinto gestern auf seine Art. "Ich habe gut geschlafen, habe mich wunderbar erholt, und wir haben verdient gewonnen, weil wir als Mannschaft aufgetreten sind."

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