Werder Bremen gegen den 1. FC Köln: Die Schlawiner-Gala

Werder Bremen muss wieder einmal einem Rückstand hinterherlaufen und besiegt neun Kölner dank des überragenden Claudio Pizarro mit einem 3:2.

Held vom Feld: Claudio Pizarro (Mitte). Bild: dpa

BREMEN taz | "Wenn Emotionen nicht respektiert werden, geht die Fankultur verloren." So lautete der großflächige Kommentar der Werder-Ultras am Ende einer Woche, in der die Oberfunktionäre von DFB und DFL den Dialog mit Fußballfans über den weiteren Umgang mit Pyrotechnik endgültig für beendet erklärten.

Im Spiel hatten Werders Anhänger jede Menge Arbeit, ihre Mannschaft auch ohne Bengalo- Unterstützung so anzufeuern, dass diese nicht schon zur Halbzeit beim Stand 0:2 den Kopf in den Sand steckten. Nach den schlechtesten 45 Minuten dieser Saison gab es neben dem ungebrochenen Optimismus in der Ostkurve nur noch eins, das den Glauben an einem Heimsieg am Leben erhielt: die Hoffnung auf Claudio Pizarro. Doch auch Werders Torschützenkönig war bis zur Pause kaum in Erscheinung getreten.

Es gibt nur noch einen Verein in der Bundesliga, der ähnlich stark auf einen Spieler angewiesen ist wie Werder Bremen auf Claudio Pizarro. Lukas Podolski war an allen gefährlichen Aktionen der Kölner beteiligt, gab die präzise Flanke zum 1:0 durch Christian Clemens und erzielte das 2:0 in der 45. Minute nach einem blitzschnellen Konter selbst. Die Bremer machten es der Kölner Gallionsfigur sehr leicht, seinen Heiligenstatus zu verfestigen. Die Mannschaft spielte fahrig, ungenau und ideenlos. "Da war kein Leben drin, wir konnten die Kölner nie verunsichern", sagte Thomas Schaaf nach dem Spiel.

Um dieses Leben zu entfachen, griff Werders Trainer zu einem für ihn äußerst ungewöhnlichen Mittel. Sonst nimmt er selten vor der 60. Minute einen Spieler vom Feld, jetzt entschied er sich bereits in der 37. Minute zum Doppelwechsel von Markus Rosenberg und Philipp Bargfrede für Mehmet Ekici und Lukas Schmitz. "Sie sind nicht die Sündenböcke, aber wir mussten das Team einfach wecken", nahm Schaaf die Gedemütigten zwar in Schutz.

Diese standen aber noch nach Spielschluss sichtlich geknickt allein an der Seitenlinie, als ihre Mitspieler sich feiern ließen. Schaafs Weckruf erreichte wieder einmal zuerst Pizarro. Den Anschlusstreffer erzielte er kurz nach Wiederanpfiff aus der Drehung. "Schlawienerhaft" eben, wie die Spielweise des Peruaners neuerdings oft bezeichnet wird.

Und als Schiedsrichter Michael Weiner in der 50. Minute überraschend auf den Elfmeterpunkt zeigte, verwandelte er den Strafstoß sicher. Nach dem Ausgleich sahen die Bremer sich zum wiederholten Mal vor die Aufgabe gestellt, gegen eine Mannschaft in Unterzahl zu agieren. Henrique Sereno erhielt nach dem Foulspiel gegen Rosenberg, das zum Elfmeter führte, die Rote Karte und als sich Ammar Jemal in der Schlussphase verletzte, standen sogar nur noch neun Kölner auf dem Feld.

Anders als gegen Hertha BSC spielten sie ihre Überzahl diesmal ruhig über die Flügel aus und warteten auf ihre Chance. "Wir haben dazu gelernt", freute sich Schaaf. Und wieder war es Pizarro, der in der 86. Minute nach der Flanke von Aaron und der Verlängerung von Rosenberg goldrichtig am langen Pfosten stand und den Ball locker einschob.

"Wir haben wieder so ein Spiel gedreht. Das ist Wahnsinn", jubelte Pizarro nach dem zweiten Hattrick seiner Bundesliga-Karriere. Kapitän Clemens Fritz rang nach Worten, als er nach der Bedeutung des besten ausländischen Torschützen der Bundesliga-Geschichte gefragt wurde: "Man kann einfach nicht in Worte fassen, wie wichtig er für uns ist." Manchmal sagen Zahlen ohnehin mehr: An 14 der letzten 15 Bundesliga-Tore war Pizarro beteiligt.

Geschäftsführer Klaus Allofs beeilte sich nach dem erneuten Gala-Auftritt, möglichen Interessenten an Werders Lebensversicherung frühzeitig den Wind aus den Segeln zu nehmen. "Im Winter ist er nicht zu haben", so der Werder-Boss.

Einem Spieler, der liebend gern länger bei Werder gekickt hätte, fiel nach dem Schlusspfiff ein besonders großer Stein vom Herzen. "Er hatte Angst, dass wir nicht gewinnen, wenn er kommt", sagte Allofs über Torsten Frings, der vor dem Spiel offiziell verabschiedet wurde. "Danke Lutscher", stand auf einem kleinen Plakat in der Fan-Kurve, die Frings ein letztes Mal feierte.

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